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Musiktheater "Ein Herzschlag ist keine Massenbewegung" im Staatstheater Mainz

Premiere am 14. Dezember 2013, 19.30 Uhr, Kleines Haus. -----

Mit Werken von Gustav Mahler („Das Lied von der Erde“) und Arnold Schönberg („Erwartung“) in den Fassungen für Kammerorchester von Glen Cortese und Faradsch Karaew

 

Nach „Maria Hilf“ in der vergangenen Spielzeit verbindet Regisseur Georg Schütky erneut Werke zu einer spannenden musiktheatralischen Konstellation: Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ und Arnold Schönbergs „Erwartung“, ein epochales Stück Musiktheater, ein „Monodram“ mit einer einsamen, panischen Protagonistin. Der Abend beginnt und endet mit Mahler: Dem „Abschied“ aus dem „Lied von der Erde“ ist „Erwartung“ vorangestellt. Beide Werke entstehen 1909.

 

Bei aller Vorsicht gegenüber biographischen Deutungen lässt sich die Lebenssituation Gustav Mahlers in diesen Jahren schwer ausblenden: Seine Tochter starb und eine ärztliche Diagnose erklärte ihm, dass er nicht mehr lange zu leben habe. Insbesondere wenn man den letzten Satz des Werkes hört, den „Abschied“, drängt sich der Gedanke auf, dass hier das Ende eines Lebens künstlerisch gestaltet wird. Arnold Schönberg komponiert mit „Erwartung“ den Zerfall einer Welt, die Auflösung eines Ichs in expressive Gebärden: Hat diese Frau einen Mann ermordet? Was ist das für ein Wald, an dessen Rändern sie sich bewegt?

 

Georg Schütky nimmt den Wettlauf zwischen dem Norweger Roald Amundsen und dem Briten Robert Scott zum Südpol 1911 – also fast gleichzeitig mit der Entstehung beider Musikwerke – als Ansatz seiner szenischen Interpretation. Der Norweger gewann den Wettlauf, Scott verlor das Rennen – und sein Leben. Georg Schütky: „Die Ausgangssituation, in der diese Lebensbilder entstehen, ist eine große Einsamkeit, in der fraglich wird, ob ein Überleben möglich ist. Wenn der erste Satz des „Liedes von der Erde“ anhebt mit seinem grellen, finsteren Enthusiasmus, ist dem ein Scheitern vorausgegangen. Das Scheitern eines Gefühls, zu Höherem berufen zu sein, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch Expeditionen in die entlegensten und lebensfeindlichsten Gebiete der Erde möglich gemacht hat. Noch einmal leuchten die Gedanken und Haltungen auf, die diesen Heroismus in den Köpfen der Menschen befeuert haben – und werden dem „Abschied“ entgegengeführt, in dem dieser aufmüpfige Mut der Individuen erlischt. Der Frau in Schönbergs „Erwartung“ bringt all der strahlende, blendende Heroismus gar nichts, sie ist verlassen worden und jetzt alleine, auch das erfordert Mut. Zwei Wege, die im Nichts enden.“

 

Musikalische Leitung: Stephan Zilias

Inszenierung: Georg Schütky

Bühne: Yassu Yabara

Kostüme: Vivien Waneck

 

Mit: Patricia Roach; Richard Morrison, Alexander Spemann.

 

 

 

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