Seitdem lebt sie als Gefangene von König Thoas auf der Insel. Dieser hofft, sie als Braut für sich zu gewinnen. Unverhofft werden Iphigenies Bruder Orest und dessen treuer Begleiter Pylades auf die Insel geschwemmt. Iphigenie ist hin- und hergerissen: Soll sie mit ihrem Bruder und Pylades die Insel verlassen und den König mit einer heimlichen Flucht hintergehen?
Goethe vollendete Iphigenie auf Tauris während seiner italienischen Reise, mit der er sich seinen politischen Geschäften am Hof und dem oberflächlichen gesellschaftlichen Leben in Weimar zu entziehen suchte. Goethe verbindet in seinem Drama italienische, orientalische und deutsche Motive. Der „Wilde“, hier verkörpert von Thoas, dem Skythen, gilt wechselweise als Hoffnungsträger oder Barbar. Doch wer sind hier die eigentlichen Barbaren? Eine ältere Frau, die ihren Mann ermordet? Ein Sohn, der seine Mutter erschlägt? Ein Vater, der seine Tochter opfert? Ein Land, das gegen ein anderes Land in den Krieg zieht? Ein Alleinherrscher, der das rituelle Menschenopfer pflegt? Eine junge Frau, die um der eigenen Integrität willen das Leben anderer aufs Spiel setzt? Weder religiöse Argumente als Rechtfertigung für herrschaftliche Ziele noch Kriegszüge zum Erhalt und Zugewinn von Macht und Reichtum sind uns heute fremd. Doch wo sich engagieren und wo sich heraushalten? Am Ende des Dramas fährt Iphigenie nach Hause, aber wie wird es mit der Bevölkerung auf Tauris weitergehen? Was wird mit den Gestrandeten an den Küsten der Insel passieren? Und was, wenn man sich nirgendwo mehr zu Hause fühlt?
Lisa Nielebock, die unter anderem in Bochum als Hausregisseurin arbeitete, inszenierte zuletzt am Nationaltheater Medea. Nun kehrt sie mit Iphigenie auf Tauris nach Mannheim zurück.
Inszenierung : Lisa Nielebock - Bühne und Kostüme: Sascha Groß - Dramaturgie: Katharina Blumenkamp
mit Sabine Fürst; Martin Aselmann, Jacques Malan, Peter Pearce, Klaus Rodewald
die nächste Vorstellung: 25. März 2012
www.nationaltheater-mannheim.de; Kartentelefon: 0621 – 16 80 150