Wedekind war 26 Jahre alt, als er das Stück schrieb; er war 42 Jahre alt, als es endlich zum ersten Mal auf die Bühne kam. Regie an den Berliner Kammerspielen führte Max Reinhardt. Mit der Uraufführung 1906 bekam Wedekind die endgültige Anerkennung als seriöser Dramatiker, und Frühlings Erwachen trat seinen Erfolgszug durch Deutschland an.
Der Kritiker Siegfried Jacobsohn schrieb beispielsweise: „Es gibt gar keine Technik, die der Darstellung jener Zeit des Vibrierens und Träumens, des Aufschreckens und Erzitterns, des Knospens und Aufspringens besser taugte als diese. Ein allgemeingültiges tragisches Weltbild hat seinen spezifischen dramatischen Ausdruck gefunden. Das ist die Größe von Frühlings Erwachen.“
Nach dem großen Erfolg ließ Max Reinhardt Wedekind seine Stücke selber am Deutschen Theater inszenieren, in den Jahren 1911, 1914 und 1916 gab es ganze Zyklen von Wedekind-Aufführungen.
Auf einem Friedhof unter dem Novembermond – so endet Frühlings Erwachen bei Frank Wedekind. Zwei Tote stehen am Ende der Geschichte – die vierzehnjährige Wendla, die unwissentlich an einer missglückten Abtreibung stirbt und Moritz, der freiwillig in den Tod geht -, beide Opfer einer „falschen“ Erziehung. In der Uraufführung von Frühlings Erwachen 1908 in Berlin spielte Wedekind selbst den „Vermummten Herrn“, der Melchior zurück ins Leben bringt. Ein Verführer zum Leben, das wollte Wedekind nicht nur auf der Bühne sein. „Eine Kindertragödie“ nannte er sein Stück und prangerte darin die falsche Sexualmoral seiner Gesellschaft an.
Der junge Autor, Film- und Theaterregisseur Nuran David Calis hat seine eigene Fassung der Frank Wedekindschen Kindertragödie geschrieben, die 2007 mit großem Erfolg am Schauspiel Hannover uraufgeführt wurde. Calis bleibt dabei nah an den Figuren und ihrer Geschichte, orientiert sich gleichzeitig aber an der Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher - an ihren Idealen und Nöten, Sehnsüchten und Wünschen, ihrer Sprache und Musik.
Schule und Eltern bestimmen den Alltag der sechs jugendlichen Protagonisten. Nur am Wochenende, nur im Freibad können sie scheinbar den Zwängen dieses „fremdbestimmten“ Lebens entfliehen. Hier können sie ihren eigenen Rhythmus leben; hier können sie den Geheimnissen ihrer erwachenden Sexualität begegnen.
"Ich fand die Herausforderung sehr stark, mit den Mitteln des Fernsehens eine Brücke von diesem Stück in die Gegenwart zu bauen, das Zeitlose an der Realität der Jugend von heute zu reiben", erklärt Calis. Er inszenierte den Stoff zunächst für die Bühne. Produzent Christian Rohde war einer der Zuschauer, als Frühlings Erwachen am Düsseldorfer Schauspielhaus lief. "Der Theatersaal war voll mit Schulklassen. Und die hielten alle die komplette Aufführung über mehr oder weniger still", erinnert er sich. Grund genug, der Filmadaption eine Chance zu geben - zwei Jahre dauerte es, bis Calis das Stück kameratauglich geschliffen hatte. Die inhaltlichen Parameter Wedekinds hatte er schon in der Bühnenfassung behutsam Richtung Modernität getrimmt, das Grundthema bleibt: "Es war mir wichtig, die Isolation zu zeigen, in der die Jugendlichen auch heute stecken. Dafür die Bilder zu finden, war eine der Hauptherausforderungen", erklärt er. "Kaum Wände, Straßen, freie Flächen" seien die Elemente, mit denen er arbeitete.
Empfohlen für alle ab 13 Jahren und für Erwachsene
Inszenierung Holger Schober
Bühne Christian Etsch Elgner
Kostüme Richard Stockinger
Musik Sue-Alice Okukubo
Dramaturgie Elisabeth Strauß
Theaterpädagogik Katrin Maiwald
Mutter Katharina Vötter
Vater Joachim Rathke
Wendla Katharina Wawrik
Melchior Bastian Dulisch
Ilse Katharina Halus
Moritz Ralf Wegner
Martha Elisabeth Hütter
Hans Julian Sigl
Jugendliche Statisten Nadine Breitfuss
Lena Holzer
Ursula Jetschgo
Elen Kischojan
Christina Linecker
Lea Paradzik
Elke Pum
Tanja Schauer
Isabel Schölmbauer
Antonia Schuster
Marie Stockinger
Valerie Tiefenbacher
Aaron Petrasch
Fabian Schopper
Matthias Trattner
Premierenklasse: 8. Klasse des Kollegiums Aloisianum, Linz
Leitung: Frau Krischak
Termine Oktober 2010
Sa 02.10. 19.30 Uhr,
Di 05.10 19.30 Uhr
Mi 06.10. 19.30 Uhr
Do 07.10 19.30 Uhr
Do 14.10. 19.30 Uhr
So 17.10. 15.00 Uhr
Mi 27.10. 19.30 Uhr
Warum Frühlings Erwachen auch heute noch aktuell ist
Eine Bestandsaufnahme: LoveTalks
Ein präventives Modell der Sexualerziehung in Österreich
Sexualerziehung geht uns alle an: Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen. Schon sehr früh beginnen Kinder, Fragen zur Sexualität zu stellen. Aber: „Wie sage ich es meinem Kind?"
Mit dieser Frage sind sowohl Eltern als auch LehrerInnen konfrontiert, oft allein gelassen und manchmal überfordert. Eine Möglichkeit diese Sprachlosigkeit zu überwinden, bietet das Modell LoveTalks, bei dem Eltern, Kinder und LehrerInnen Arbeitskreise bilden, um gemeinsam sexualpädagogische Projekte zu planen, die dann im Rahmen des Unterrichts durchgeführt werden. Dieses sexualpädagogische Modell schafft auf dem sensiblen Gebiet der Sexualerziehung die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zukommen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Präventionsarbeit in diesem Bereich nur gelingen kann, wenn der Aspekt der Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit im Vordergrund steht. Daher stehen die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen im Mittelpunkt der Diskussion. Das Projekt LoveTalks wird dieser Anforderung gerecht, wie die ständig steigende Zahl von Anfragen belegt.
Die sexuelle Befreiung hat bekanntlich im Zuge der 68er Revolution stattgefunden. Es wurde die Enttabuisierung der Sexualität gefordert und in der Massenkommunikation durchgesetzt. War in den 50er Jahren der filmische Zungenkuss bereits Anlass zur Empörung, sind nackte Menschen auf Titelblättern heute eine Selbstverständlichkeit. An jedem Zeitungsstand finden sich Informationen über Sexualität. Zeitgeistmagazine z.B. geben Tipps, wie man in die Jahre gekommene Beziehungen durch „guten Sex" wieder auf Vordermann bringen kann. In TV-Shows vergießen hübsche Talkmasterinnen Tränen angesichts von Themen wie sexuelle Gewalt oder AIDS. Doch wie schaut es im Lebensalltag der Menschen aus? Wie geht es Jugendlichen und deren Eltern bei diesem heiklen Thema?
In Österreich erhitzte Mitte der 80er Jahre die Einführung eines Sexualerziehungskoffers für Schulen die Gemüter. LehrerInnen und Eltern und mit ihnen ein ganzes Land protestierten laut und heftig. Und auch heute berichten LehrerInnen immer wieder, dass sie vor der Frage stehen, wie sie das Thema Sexualität in den Unterricht einbauen sollen, ohne dass ihnen die Eltern in der Sprechstunde die Tür einrennen. Eltern klagen über die Schwierigkeiten, die geeignete Form und Sprache zu finden. „Mein Sohn fragt mich ja nie über Sexualität. Wie soll ich also wissen, was er schon weiß?"
Im konkreten Lebensalltag ist das Reden über Sexualität offensichtlich nach wie vor eine große Herausforderung. Selbst der Umgang mit Sexualität z.B. in TV-Shows trägt zur Bewältigung der eigenen Sexualität wenig bei, denn die Art und Weise der öffentlichen Diskussion, liefert keine nützliche Hilfestellung zur Überwindung der persönlichen Sprachlosigkeit. Fazit: Sexualität ist zwar scheinbar in aller Munde, aber niemand redet darüber.
„Auf keinem anderen lebenswichtigen Gebiet bleiben Elternhaus und Schule dem Heranwachsenden so viel schuldig, überlassen ihn so sehr sich selbst und dem unkontrollierten Einfluss zum Teil gefährlicher Miterzieher, lassen ihn so schlecht vorbereitet ins Leben stolpern wie auf dem der Sexualität." (Prof. Dr. Kurt Loewit, Klinik für medizinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Innsbruck)
aus: forum.sexualaufklaerung.de/index.php