In Giuseppe Verdis und Arrigo Boitos Bearbeitung wird Shakespeares Tragödie zu einer kritischen Bestandsaufnahme über die Zerstörungskraft dogmatischer Gesinnungen. Verdis Otello verehrt Desdemona gleichsam als Jungfrau Maria. Genau hier setzt sein Gegenspieler Jago mit der Intrige an: Ohne handfeste Beweise, allein durch die Kraft der Suggestion macht er in Otellos Fantasie aus der Unbefleckten eine Sünderin. Er besudelt das Heiligenbild und nimmt Otello damit nicht nur die Möglichkeit, Desdemona anzubeten, sondern zerstört dessen ganzes Ordnungsgefüge. Otellos Mord an Desdemona ist die brutale Konsequenz seines religiösen Eifers.
Folgerichtig lässt das Regieteam Verdis geniales Alterswerk in einem großen, zeitlosen Kirchenraum spielen. Damit wird ein Akzent der Oper betont, den es bei Shakespeare so nicht gibt. Und dennoch werden die großen, immer aktuellen Themen des Stückes nicht ausgespart: Lieben wir einen Menschen oder nur ein Bild, das wir uns gemacht haben? Wie stabil ist dieses Bild? Woraus beziehen wir unser Selbstwertgefühl? Wohin führt Dogmatismus? Welche Kraft wohnt der Liebe inne? Welche Zerstörungsgewalt der Eifersucht?...
Holger Schultze (Regie) und Martin Fischer (Bühnenbild) sind ein bewährtes Team. Schultze ist Intendant am Theater Osnabrück, Fischer sein Ausstattungsleiter. Die Kostüme entwirft Erika Landertinger. Alle drei haben reichlich Schauspielerfahrung und damit den Anspruch, mit den Darstellern schlüssige Figurenpsychologien zu entwickeln. Verdi also ganz im Sinne Shakespeares, als „inneres Drama“.
Nachdem Ricardo Tamura mit seiner klangschönen Stimme das Altenburger Publikum bereits als Cavaradossi in „Tosca“ beeindruckt hat, übernimmt er nun die Rolle des eifersüchtig sein eigenes Glück zerstörenden Otello. Als Desdemona gastiert erstmalig Sara Eterno. Die junge Italienerin war Gewinnerin des Wettbewerbs des Teatro alla Scala (Mailand) und Mitglied des Studios dieses berühmten Opernhauses. Sie war am Theater Freiburg fest engagiert und sang dort unter anderem Liù („Turandot“), Fiordiligi („Così fan tutte“), Rusalka, Antonia („Les contes d’Hoffmann“), das Füchslein („Das schlaue Füchslein“), Susanna („Le nozze di Figaro“) und Mimí („La Bohème“). Sie gastiert als Opern- und Konzertsängerin erfolgreich in Deutschland, Österreich und Italien.
Das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera spielt unter der musikalischen Leitung von GMD Eric Solén.
Otello
Dramma lirico in vier Akten (1887)
Musik: Giuseppe Verdi
Libretto: Arrigo Boito nach The Tragedy of Othello, the Moore of Venice von William Shakespeare
Weitere Vorstellungen: 28. April und 21. Mai 14.30 Uhr sowie 20. Juni 19.30 Uhr