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"Platonow" von Anton Tschechow im Thalia Theater Hamburg

A-Premiere am 1. September 2012 um 19 Uhr

B-Premiere am 2. September um 19 Uhr. -----

Wie jedes Jahr: Die Städter ziehen auf ihr Gut aufs Land, um dort den Sommer zu verbringen, die

Ortsansässigen erwachen aus ihrem langen Winterschlaf und wie immer trifft man sich bei der Generalin Anna Petrowna, der jungen Witwe, um die ewigen Rituale der Saison wieder aufzunehmen.

Neuigkeiten werden ausgetauscht, der Alkoholpegel steigt und zwischen den Themen Liebe und Geld erahnt man das Endspiel einer Gesellschaft, in dem alle Beteiligten hungrig nach Möglichkeiten zum Aufbruch in ein neues Leben suchen – gierig nach Veränderung, gleichzeitig in ihren Krisen festgefahren.

 

Platonow, der mit seinen schonungslosen Bemerkungen für gefährliche Unterhaltung sorgt, wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Selbst unfähig, aus seinen Beobachtungen prinzipielle Konsequenzen für sein eigenes Leben zu ziehen, übt er in seiner ungezügelten Verantwortungslosigkeit eine fatale Anziehungskraft auf Frauen aus. Es kommt zu unentwirrbaren emotionalen Verstrickungen. Und am Ende wird bezahlt: mit dem Besitz, der einem schon längst nicht mehr gehörte und dem bisherigen Leben, in das man sich nicht einrichten konnte. Die einen kassieren ab, die anderen werden vertrieben; das Ende einer bankrotten Gesellschaft.

 

„Das Stück ohne Titel“, auch „Die Vaterlosen“ und üblicherweise „Platonow“ genannt hat Tschechow

vermutlich im Alter von 18 Jahren geschrieben. Er selbst soll es vernichtet haben, doch wurde 1923 eine Handschrift von dieser „Komödie“ wieder gefunden. Aufgrund dieses Fundes wurde das Stück

rekonstruiert und in seiner umfänglichen Länge 1995 erstmals von Peter Urban ins Deutsche übersetzt.

Ungestrichen würde die Aufführung über 7 Stunden dauern und einige wenige Äußerungen und Notizen

Tschechows lassen vermuten, dass ihm bewusst war, dass das Werk weitere Überarbeitungen gebraucht

hätte. So ist es aber nun, glücklicherweise, in seiner Rohheit überliefert – ein wildes Ungetüm, ein

bewundernswerter Versuch, das pralle Leben in seiner Komplexität und Widersprüchlichkeit abzubilden.

Schon in diesem ersten Theaterstück tauchen viele Themen späterer Werke Tschechows auf, schon hier

zeigt sich seine große Gabe, über die genaue Beobachtung des Banalen den Kern des existentiellen

Dramas wiederzugeben.

 

Regie Jan Bosse

Bühne Stéphane Laimé

Kostüme Kathrin Plath

Musik Jonas Landerschier

Dramaturgie Gabriella Bußacker

 

Ensemble:

Christoph Bantzer (Jakow, ein Hausangestellter), Bruno Cathomas (Porfirij Glagoljew),

Marina Galic (Alexandra Sascha), Jens Harzer (Michail Platonow), Matthias Leja (Timofej Bugrow),

Marie Löcker (Marja Grekowa), Peter Maertens (Iwan Trilezkij), Jörg Pohl (Nikolaj Trilezkij), Sven

Schelker (Kirill Glagoljew), Rafael Stachowiak (Ossip), Victoria Trauttmansdorff (Anna Petrowna

Wojnizewa), Sebastian Zimmler (Sergej Wojnizew), Patrycia Ziolkowska (Sofja Jegorowna) sowie der

Musiker Jonas Landerschier

 

Im Anschluss an die Premiere große Feier „100 Jahre Thalia am Alstertor“ im und um das Theater

Apéritif ab 18 Uhr im Theaterrestaurant Weltbühne mit Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler, dem

Regisseur Jan Bosse und Intendant Joachim Lux

 

Weitere Vorstellungen am 4. und 19. September sowie am 5. und 9. Oktober um 19.30 Uhr.

 

Karten 040. 32 81 44 44 / www.thalia-theater.de

 

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