Ein Mythos von Anfang und Ende sollte es werden, ein Welterklärungsmodell, vor allem aber ein packendes Drama. Die Unmittelbarkeit des Werkes hat sich inzwischen in zahlreichen »Ring«-Interpretationen manifestiert, vieldeutig und vielschichtig wie das Opus selbst. Wie alles sein wird?
Sind die Götter noch zu retten, nachdem sich Wotan in sein eigenes Gesetzeswesen verstrickt und durch seinen Herrschaftsanspruch die Welt in ein Chaos aus Machtgier und Verbrechen verwandelt hat? Die erste Textversion der »Götterdämmerung«, die Wagner schon 1848 unter dem Titel »Siegfried's Tod« dichtete, endet noch mit Brünnhildes Ausruf »Nur einer herrsche, Allvater! Herrlicher! Du!«. In der endgültigen Fassung sorgt die Wotanstochter für das Ende der Götter, indem sie den brennenden Holzscheit in Walhalls Burg wirft und damit die Götterherrschaft auslöscht. »Göttergericht«, so hätte der Schluss der »Ring«-Tetralogie nach Wagners späterer Überzeugung eigentlich heißen müssen, um die Generalabrechnung mit vergangenem Unrecht zugunsten eines unbelasteten Neubeginns als Möglichkeit zu behaupten. Doch de facto bleibt nur eine einsame Frau übrig, die im Bekenntnis ihrer Liebe ihre Selbstachtung zurückgewinnen will und die letztlich wie alles andere von der Flut eines gewaltigen Orchesterstroms mitgerissen wird. Der Mythos, den Wagner als Welterklärungsmodell konzipiert hatte, wechselt seinen Aggregatzustand, den es immer wieder neu zu erforschen gilt.
Mit der Premiere der »Götterdämmerung« komplettiert Opernintendantin Simone Young ihren Hamburger »Ring«-Zyklus. Regisseur Claus Guth und Ausstatter Christian Schmidt bringen den letzten Teil von Wagners großem Gesamtkunstwerk auf die Bühne.
Die Musikalische Leitung übernimmt wieder Simone Young. Als Siegfried steht abermals Christian Franz auf der Bühne der Staatsoper, der renommierte Wagner-Tenor konnte in Hamburg im letzten Jahr in der Titelpartie von »Siegfried« einen großen Erfolg feiern. Deborah Polaski singt nach ihrer Hamburger »Walküren«-Brünnhilde diese Partie nun auch in der »Götterdämmerung«. Und auch Wolfgang Koch kehrt nach seinem Triumph als Alberich im »Rheingold« und in »Siegfried« in der Rolle des Nibelungen an die Staatsoper zurück. Neu beim Hamburger »Ring« ist John Tomlinson, er singt Hagen. In den weiteren Partien: Robert Bork (Gunther), Anna Gabler (Gutrune), Petra LangDeborah Humble (Waltraute), Deborah Humble (1. Norn), Cristina Damian (2. Norn), Katja Pieweck (3. Norn), Ha Young Lee (Woglinde), Maria Markina (Wellgunde) und Ann-Beth Solvang (Flosshilde).
Die Premiere wird von NDR Kultur live übertragen.
Es spielen die Philharmoniker Hamburg.
Es singt der Chor der Hamburgischen Staatsoper.
Aufführungen: 27. und 31. Oktober 2010, 7. und 14. November 2010, 17.00 Uhr