Der Dichter und sein Führer Vergil gehen im wahrsten Sinne des Wortes durch die Hölle: auf einer sinnlichen, derben, hochpoetischen, grotesken und tief-religiösen Reise gelangen sie schließlich ins Paradies. Dantes komödiantischer Trick ist die ironische Umkehrung aller Laster und Verbrechen in die entsprechende Strafe: Habgierige, die im Leben am Materiellen hingen, kleben an schweren Felsbrocken, Schmeichler hocken in der Kloake und Zwietrachtstifter werden von Teufeln systematisch zerhackt.
In seiner Bühnenfassung sucht Regisseur Christian Pade nach einem spielerisch, sinnlichen Schwebezustand zwischen dem Text und dem Theater. Er verknüpft Dantes große Dichtung mit einem Text von Arno Schmidt, der ebenfalls eine Jenseitsreise beschreibt: »Tina oder über die Unsterblichkeit«. Während Dantes »Comedia« einem religiösen Weltbild entspringt und – bei aller Groteske seiner bunt geschilderten Höllenqualen – auf christliche Erlösung zielt, ist Arno Schmidts säkularisiertes Elysium irdisch und langweilig. Dort müssen alle weiter existieren, deren Namen ihren Tod überdauert hat; auch wenn sie nichts lieber möchten als endgültig verschwinden. Doch ins Nichts können sie erst dann eingehen, wenn sie auch im Diesseits vollends vergessen werden. In Schmidts Elysium werden peinlich genaue Listen der publizierten Werke und Zitationen geführt. Goethe zum Beispiel hat »gar keine Chancen« – er muss wohl ewig dort verweilen.
Christian Pade hat mit Texten von Michel Houellebecq (»Ausweitung der Kampfzone«), Arno Schmidt (»Schwarze Spiegel«) und Thomas Bernhard (»Holzfällen«) bereits eine eindrucksvolle Reihe von Romanadaptionen am schauspielhannover auf die Bühne gebracht, die er nun mit einem Gipfeltreffen der beiden großen Sprachkünstler – Dante und Arno Schmidt – fortsetzt.
Mit Wolf Bachofner, Moritz Dürr, Philippe Goos, Dieter Hufschmidt, Wolfgang Michalek, Anna Ratte-Polle
Regie Christian Pade
Bühne und Kostüme Alexander Lintl
Musik Serge Weber
Dramaturgie Anna Haas