Donizetti selbst wählte Schillers Trauerspiel Maria Stuart als Vorlage für seine 40. Oper. In kühner Verknappung des Dramas exponiert die Szenenfolge dieses Belcantowerkes zunächst die Psychologie der englisch-protestantischen Machtpolitikerin Elisabeth, dann die ihrer Gefangenen, der schottisch-katholischen Renaissance-Fürstin Maria. Die beiden rivalisierenden Königinnen
geraten schließlich in eine Konfrontation mit dem Grafen Leicester. Um dessen Liebe kämpft Elisabeth erfolglos, ist Leicester doch der selbst im Kerker ungebrochenen Faszinationskraft Marias verfallen. Sein Plan, durch eine Begegnung der beiden Frauen eine Begnadigung
Marias herbeizuführen, führt zum Eklat.
Bereits bei der Generalprobe des Werkes im Jahre 1834 zeigte sich die explosive Kraft des Opernlibrettos und seiner musikalischen Umsetzung: Die beiden Sängerinnen, so ist es in einem Theatermagazin aus der Zeit zu lesen, gerieten während der Probe in einen solch heftigen Streit, dass sich „die von Natur aus leichter reizbare Elisabeth [...] mitten in einem Finale auf die Feindin stürzt, sie an den Haaren zieht, sie ohrfeigt, beisst, mit der Faust ins Gesicht schlägt, und ihr durch wütende Tritte fast die Beine bricht ...“
In seinen beiden Königinnen hat Donizetti zwei faszinierende musikalische Charakterstudien entworfen: die zwischen Noblesse, Koketterie und schneidender Autorität schwankende Elisabeth und die sich in Emotion und Aggression romantisch-rückhaltlos verausgabende Maria.
In Stuttgart sind diese beiden Schlüsselrollen hochkarätig besetzt: Ezgi Kutlu, die in der laufenden Spielzeit auch als Piacere in Calixto Bieitos Neuproduktion von Händels Il trionfo del Tempo e del Disinganno zu hören sein wird, debütiert als Elisabeth; ebenfalls ihr Debüt gibt Ensemblemitglied Simone Schneider (momentan als Rosalinde in Johann Strauss’ Fledermaus zu
erleben) in der Titelpartie.
Die kluge Stimmdramaturgie, die szenisch-musikalisch äußerst plastisch herausgearbeiteten Charaktere und Situationen sowie der bezwingende Gesamtaufbau der Komposition aus wenigen, klar strukturierten Szenenblöcken, die von Donizetti als musikalische Einheiten gestaltet sind, machen diese Oper zu einer der wesentlichen Entdeckungen der „Donizetti-
Renaissance“ des 20. Jahrhunderts.
Musikalische Leitung Marc Soustrot
Chor Michael Alber
Dramaturgie Sergio Morabito
Szenische Betreuung Lars Franke
Elisabetta Ezgi Kutlu
Maria Stuarda Simone Schneider
Roberto Leonardo Capalbo
Giorgio Talbot Yalun Zhang
Lord Guglielmo Cecil Adam Kim
Weitere Aufführungen: 14. und 29. Dezember 2010, 7. und 17. Januar 2011
Anna Kennedy Mirella Hagen (Opernstudio