Man meint, in ihm den verschollenen Schweizer Bildhauer
Anatol Ludwig Stiller zu erkennen…
Zum Frisch-Jubiläumsjahr – am 15. Mai 2011 wäre der Schweizer Dichter 100 Jahre alt geworden – wird STILLER in einer Inszenierung von Heike M. Goetze in der Box des Schiffbaus zu sehen sein.
„Ich bin nicht Stiller!“ – mit diesen Worten wehrt sich James Larkin White gegen seine Festnahme bei der Einreise in die Schweiz. Man meint, in ihm den Schweizer Anatol Ludwig Stiller, einen seit sechs Jahren verschollenen Bildhauer, zu erkennen. Durch die Aussagen von Stillers Frau Julika und seiner ehemaligen Geliebten Sibylle gewinnt das Leben des Verschollenen an Transparenz und auch die Behörden bestätigen: White ist mit Stiller identisch. Er war verheiratet, beging Ehebruch, während seine Frau lungenkrank in Davos lag, tauchte dann unter, lebte in New York und Mexiko. Doch in immer neuen Erzählungen will Stiller dieser Fixierung entgehen – „Ich bin nicht ihr Stiller“.
In einem umfassenden Geflecht von Beziehungen und Abhängigkeiten, wechselnden Identitäten und Rollen kristallisiert sich heraus, dass Stiller nicht mit sich identisch ist. Das Ich, so sah es Max Frisch, ist eine Erfindung, Biographie ein Spiel. Stillers Flucht erweist sich als trügerische Illusion – er erkennt, dass man sich selbst nicht entgehen und sich von seiner Vergangenheit nicht lossagen kann.
Mit seinem 1954 erschienenen Roman STILLER rückte der bis dahin noch wenig bekannte Max Frisch in die erste Reihe der deutschsprachigen
Schriftsteller der Gegenwart auf. Für sein Werk erhielt er zahlreiche
Auszeichnungen, u.a. 1958 den Georg-Büchner Preis.
Heike M. Goetze, 1978 in Osnabrück geboren, studierte Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie hospitierte bei Luk Perceval und George Tabori und war als Regieassistentin in Osnabrück, Berlin und Zürich tätig. Für ihre Zürcher Diplominszenierung von Juli Zehs Text "Spieltrieb“ gewann sie 2008 den Preis der Körber-Stiftung als beste Nachwuchsregisseurin. Heike M. Goetze realisierte mehrere Projekte in der freien Szene (z.B. „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ von Lukas Bärfuss) und inszenierte zuletzt am Landestheater Tübingen („Sumsum“ von Laura de Weck) und am Theater Basel („Mondscheiner“ von Andri Beyeler). In der Saison 2009/10 arbeitete sie am Schauspiel Essen („Blick zurück im Zorn“ von John Osborne) und am Schauspiel Hannover („Boys Don’t Cry“). Am Schauspielhaus Zürich war in der vergangenen Spielzeit ihre Inszenierung von „Warum läuft Herr R. Amok?“ nach dem Film von Rainer Werner Fassbinder zu sehen.
Textfassung von Heike M. Goetze und Simon Helbling
Regie Heike M. Goetze
Bühne Bettina Meyer
Kostüme Inge Gill Klossner
Musik Danny Exnar
Licht Frank Bittermann
Dramaturgie Meike Sasse
Mit:
Stiller Frank Seppeler
Julika Ursula Doll
Rolf Sean McDonagh
Sibylle Julia Kreusch
Dr. Bohnenblust, Verteidiger Miriam Maertens
Knobel, Wärter Danny Exnar
Weitere Vorstellungen im Schiffbau/Box:
12./ 15./ 17./ 19./ 20./ 23./ 25./ 26. November, jeweils 20.30 Uhr
14./ 21. November, jeweils 19.30 Uhr