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SUBJEKTIVER EMPFINDUNGSAUSDRUCK - Countertenor Filippo Mineccia im Schlosstheater Ludwigsburg

29. Juni 2023

Der aus Palermo stammende Countertenor Filippo Mineccia sprang kurzfristig für den erkrankten Carlo Vistoli ein. Mehrere Kompositionen von Antonio Vivaldi standen an diesem Abend im Schlosstheater auf dem Programm. Die Akademie für Alte Musik Berlin unter der einfühlsamen Leitung von Georg Kallweit interpretierte zunächst das Concerto g-Moll RV 157 mit spannungsvoll gestalteten dynamischen Abläufen und durchsichtiger Harmonik.

 

Copyright: Schlosstheater Ludwigsburg

Präzise Al-fresco-Wirkungen und festliche Klangpracht machten sich auch bei Vivaldis Sinfonia "Al Santo Sepolcro" in h-Moll RV 169 bemerkbar, wo das Ensemble vor allem die thematischen Zusammenhänge und die reiche Chromatik betonte. Die formale klangliche Ausgeglichenheit stand dabei  ebenso im Zentrum wie bei Vivaldis Vertonung des Psalms 126 "Nisi Dominus" in g-Moll RV 608. Neben ausgeprägten rhythmischen Passagen (beispielsweise der Zwölfachteltakt des "Cum dederit") bestach bei Filippo Mineccias Interpretation vor allem die betörend eindringliche Wirkung der Gesangsmelodie. Hier spürte man sogar die Auseinandersetzung Vivaldis mit dem Werk Palestrinas. "Il prete rosso", der rothaarige Priester und Mädcheninternatslehrer Antonio Vivaldi, zeigt bei diesem Werk ein erstaunliches Gespür für subjektiven Empfindungsausdruck, den Filippo Mineccia bei einzelnen Sätzen wie "Vanum est vobis", "Surgite postquam sederitis" oder "Gloria patri et filio" deutlich unterstrich.

Elektrisierend und feurig zugleich gestaltete die exzellente Akademie für Alte Musik Berlin unter Georg Kallweit dann Giuseppe Torellis Concerto a Quattro in g-Moll op. 8/6. Dabei blitzten die solistischen und kontrapunktischen Spizfindigkeiten in reizvoller Weise hervor. Das konzertante Element trat deutlich in den Vordergrund. Auch die Verschmelzung kirchlicher und weltlicher Musik bildete eine Einheit.

Noch stärker waren daraufhin bei Antonio Vivaldis Concerto für zwei Violinen und Violoncello d-Moll RV 565 die rasanten Wechsel von Tutti und virtuosem Solo ausgeprägt, wobei sich die harmonischen Spannungen immer wieder auflösten, um dann erneut anzuschwellen. Paralleltonarten schimmerten in geheimnisvoller Weise hindurch.

Zum Abschluss interpretierte Filippo Mineccia das "Stabat Mater" RV 621 von Antonio Vivaldi mit erstaunlicher stimmlicher Reife und genauem Gespür für die bewegenden Klangbilder für die leidende Mutter Jesu am Fuße des Kreuzes. In der neunten Strophe imitierten die Streicher eindringlich den Herzpuls Marias. Begeisterter Schlussapplaus.
 

 

 

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