Immer wieder kündigt sie an, dies werde ihr letztes Stück sein, zum Glück für die Theater kann sie nicht anders. Auf „Ulrike Maria Stuart“ (2006), „Über Tiere“ (2007) und „Rechnitz (Der Würgeengel)“, das erst kürzlich in München uraufgeführt wurde, folgt nun ihr neuester Streich: „Die Kontrakte des Kaufmanns“. Es gibt wohl kaum eine Autorin, die so schnell auf die gesellschaftlich großen Themen reagiert, wie Elfriede Jelinek. Und kaum einen Regisseur, der ihr dabei so bereitwillig und eigensinnig folgt, wie Nicolas Stemann. Dieses erfolgreiche Gespann stellt sich erstmals dem Kölner Publikum vor.
Mit „Die Kontrakte des Kaufmanns“ taucht Jelinek ein in die Welt der entfesselten Finanzströme. Ausgehend von österreichischen Wirtschaftsskandalen der vergangenen Jahre führt die unnachgiebige Aufklärerin Jelinek die Spekulationswut der Banker und Manager vor. Wie stets ist die Wirklichkeit aber nur Startrampe zum kunstvollen Spiel der maßlosen Übertreibung und oft komödiantischen Verzerrung. Denn Jelinek zeigt Getriebene. Rauschhaft ist deren Lust am Verschieben nicht vorhandener Werte, die sich immer wieder von neuem anstachelt, nicht zuletzt an der Gier der Kleinanleger nach unablässig wachsender Rendite. Aber die Blase ist geplatzt, auch wenn sie das nicht wahrhaben wollen. Die Stunde hat geschlagen, und die Geschichtsschreibung, d.h. bei Jelinek der Sprachnotstand setzt ein. Denn sie haben nur ihre Sprache, um die eigene Haut zu retten. Und unschuldig ist hier niemand. Gerade dass immer der andere der Verantwortliche und man selbst das Opfer gewesen sein soll, verrät die eigene Verstrickung.
Elfriede Jelinek, geboren 1946 in Mürzzuschlag/Steiermark, aufgewachsen in Wien. Elfriede Jelinek gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Gegenwartsautoren. Sie verfasst Lyrik, schreibt Essays, Übersetzungen, Hörspiele, Drehbücher und Libretti. Ihr Werk umfasst zahlreiche Romane, darunter „Die Klavierspielerin“ (1983) und „Die Kinder der Toten“ (1995). Ihre letzten Theaterstücke sind „Ulrike Maria Stuart“ (2006) und „Über Tiere“ (2007). Elfriede Jelinek ist mehrfach ausgezeichnet worden u.a. mit dem Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (1986), dem Heine-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf (2002), dem Mülheimer Dramatikerpreis (2002 und 2004) und vielen anderen mehr. 2004 erhält Elfriede Jelinek den Nobelpreis für Literatur.
Nicolas Stemann, geboren 1968 in Hamburg. Inszeniert u.a. in Wien, Berlin und Hamburg, zuletzt „Iphigenie“ von Euripides/Goethe am Thalia Theater und „Die Brüder Karamasow“ am Burgtheater Wien. Stemann wird mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladen, u.a. mit den Jelinek-Arbeiten „Das Werk“ und „Ulrike Maria Stuart“. Mit „Die Kontrakte des Kaufmanns“ wird er zum fünften Mal ein Jelinek-Stück inszenieren.
Es spielen Therese Dürrenberger, Ralf Harster, Franziska Hartmann, Thomas Kürstner, Daniel Lommatzsch, Sebastian Rudolph, Maria Schrader, Sebastian Vogel, Patrycia Ziolkowska
Regie Nicolas Stemann,
Bühne Katrin Nottrodt,
Kostüme Marysol Del Castillo,
Dramaturgie Benjamin von Blomberg
Weitere Vorstellungen am 24. und 25. April 2009 um jeweils 19.30 Uhr im Schauspielhaus