Die Lobby macht einen überschatteten Eindruck. Vor dem von Spinnweben umflorten Fahrstuhl dämmert ein greiser Liftboy. Hinter dem Empfangstresen hält ein versunkener Concierge ein Nickerchen. Manchmal streckt der Koch seinen Kopf aus der erkalteten Küche und schaut mit mildem Blick in die trübe Runde. Die alte Dame an der Hotelbar hebt kurz den Kopf, um einen Eierlikör zu bestellen, und der Barkeeper öffnet die verklebte Flasche ohne von seinem Kreuzworträtsel aufzusehen. Diese Lobbyisten sind unter sich in ihrer kleinen Welt. Dieses Hotel empfängt schon längst keine Gäste mehr – es ist zu einem selbsterhaltenden System geworden, zu einer Falle aus Plüsch und altem Bohnerwachs. Vor sich hin träumend finden die Figuren zum Singen – denn der Schlaf in der Lobby gebiert Ungeheures.
Franz Wittenbrink schaut musikalisch in die Seelen dieser Gestrandeten, lässt sie sinnieren über ihr Leben, ihre Träume und Sehnsüchte. Lässt sie schwärmen und schwadronieren von fernen und unerreichbaren Zielen oder – zur Melodie von „Hotel California“ – schluchzen über die verlorene Liebe aus dem „Hotel Kötzschenbroda“. Musikalisch ist alles möglich in diesem Etablissement – seine Bewohner sind im Herzen Rocker, Volksmusiker, Klassiktenöre, und den Blues haben sie sowieso. So können sie sich aufschwingen aus ihrer Lethargie zu musikalischen Höhen und gehobenem Slapstick, zu wehmütigen Balladen und hanebüchenem Quatsch, um der Zeit die Last zu nehmen.
Doch dann wird die Blase, die das Hotel der Lobbyisten so schützend umgibt, jäh zum Platzen gebracht. Die Realität hält Einzug, die Vertreibung aus dem staubigen Paradies droht. Die Lobbyisten müssen sich auf die Hinterbeine stellen und werden dabei von einer alten Weisheit der Eagles ermuntert: „You can checkout any time you like, but you can never leave“.
Mit: Mila Dargies, Ursula Geyer-Hopfe, Hannes Hellmann, Benjamin Höppner, Susanne Jansen, Matthias Luckey, Ahmad Mesgarha, Eike Weinreich, Helga Werner
Regie und musikalische Leitung: Franz Wittenbrink
Bühne: Philipp Nicolai
Kostüme: Nini von Selzam
Dramaturgie: Robert Koall