Freund und Feind sollen klar getrennt, den Feinden die ehrenvolle Bestattung verboten werden. Doch Antigone widersetzt sich dem Befehl und will ihren verstor¬benen Bruder, den zum Staatsfeind erklärten Polyneikes, gebührend beisetzen. Als Kreon, der neue Herr¬scher, davon erfährt, beschliesst er, ein Exempel zu statuieren. Er lässt Antigone mitsamt ihren Träumen und Ideen bei lebendigem Leib begraben – und führt damit die gesamte eigene Familie in die Katastrophe.
«Vom ganzen Stamme des Ödipus bleibt nur noch Ismene übrig. Von ihr erzählt die Sage nichts.»
Der Mythos um die unbeugsame Antigone steht im Zentrum der letzten Schauspielproduktion dieser Spielzeit. Thematisch knüpft das Theaterprojekt an das Schauspiel «Der Sonne und dem Tod kann man nicht ins Auge sehen» von Wajdi Mouawad an, das zeitgleich im UG des Luzerner Theaters zu sehen ist und den Auftakt des Antikenschwerpunkts zum Thema «Theben» bildet.
Das gemeinsam mit Jugendlichen und Mitgliedern des Schauspielensembles entwickelte Theaterprojekt «Don’t bury!» geht der Frage nach, inwieweit der seit Generationen sich stets verändernde Mythos des Widerstandes der Antigone gegen den Staat heute, circa 100 Generationen später, reflektiert werden kann. Wie gross ist die Spanne vom Auflehnen, dem Beziehen einer klaren Position bis zum nur Beharren, sturer Uneinsichtigkeit bis zum Dogmatismus?
«Der Abend entsteht aus der Gruppe. Das gesamte Spielensemble bildet einen Chor, der mit assoziativen, musikalischen, spielerischen und auf Körperausdruck fokussierten Mitteln den Stoff der ‹Antigone› reflek¬tiert und konterkariert. Antigone, Ismene, Kreon, Theiresias sind einzelne Stimmen unter vielen Stimmen. Werden sie gehört? Welches Gewicht haben sie? Welche Haltungen nehmen wir heute zu Fragen von Moral und Gesellschaft ein, und auf welcher Ebene handeln wir sie ab? Welchen Stellenwert haben Ge¬schichte, Herkunft, Familie, das Schicksal in unserer eigenen, privaten Realität?»
(Andreas Herrmann)
Die Vermittlungsarbeit hat in den letzten Jahren am Luzerner Theater stark an Bedeutung gewonnen. Die Schauspielsparte bietet bereits seit mehreren Spielzeiten mit dem Projekt «Playstation» Jugendlichen die Gelegenheit, unter professionellen Bedingungen und im geschützten Rahmen eines Theaterbetriebs eine Inszenierung zu erarbeiten und zu zeigen. «Don’t bury!» ist allerdings das erste «Playstation»-Projekt, das auf der Bühne des Luzerner Theaters aufgeführt wird. Durch eine gezielte Ansprache von Jugendlichen und über mehrere öffentliche Castings suchte das Produktionsteam nach geeigneten Mitwirkenden. Aus den vielen Interessentinnen und Interessenten wurden 15 Jugendliche im Alter von 15 bis 20 Jahren aus¬gewählt. Sie stammen aus Luzern und Umgebung und sind mehrheitlich zum ersten Mal mit dem Theater in Berührung gekommen. In Tanz-, Musik- und Schauspielworkshops lernten sie über Wochen verschie¬denste Ausdrucksformen des Erzählens kennen und erarbeiteten sich eine völlig individuelle Bühnenprä¬senz.
Das Theaterstück wird vom Schauspieldirektor Andreas Herrmann inszeniert. Susanne Boner, die 2009 den Mode- und Theaterförderpreis «Prix Juste-au-Corps» gewann, ist für die Kostüme zuständig. Die Musik, die teilweise von den Jugendlichen live gespielt wird, stammt von Jacob Suske, der unter anderem als Bassist mit Lunik und Sophie Hunger durch Europa tourt und schon mehrfach am Luzerner Theater arbeitete.
MIT
Schauspielensemble: Samia von Arx, Daniela Britt, Bettina Riebesel; Samuel Zumbühl
Jugendliche: Sura Al Shawk, Leonie Bollinger, Tara de Louwere, Janine Durrer, Steffi Friis, Gilda Laneve, Ylenia Marra, Marzella Ruegge, Laura Scheiderer, Samantha Steffen; Riccardo Conte, Damiàn Dlaboha, Armend Haxhosaj, Valentin Schroeteler, Sidney Trionfini
PRODUKTIONSTEAM
Andreas Herrmann (Inszenierung), Max Wehberg (Bühne), Susanne Boner (Kostüme), Marcel Leemann (Choreografie), Jakob Suske (Musik), Gérard Cleven (Licht), Ulf Frötzschner (Dramaturgie)
WEITERE VORSTELLUNGEN
So. 30.05. І Do. 03.06. І So. 06.06. (20.00 Uhr)* І Do. 10.06. І Fr. 11.06. І So. 13.06. (13.30 Uhr),
jeweils 19.30 Uhr