Die Wirklichkeit ist abgeschafft. Mit diesen Worten unterbrach der leibhaftige Anchorman des ORF,
Eugen Freund, für eine „Sondersendung“ der österreichischen Tagesschau „Zeit im Bild“ Nicolas
Stemanns Nachrichtentheater bei der Premiere bei den Wiener Festwochen im Juni. Damit brachte er auf den Punkt, was passiert, wenn man sich wochenlang ununterbrochen den medial vermittelten Neuigkeiten aussetzt – nichts ist mehr wirklich, nichts ist wahr – die scheinbar sachlichen Informationen verwandeln sich in ein diffuses Wortgebirge, die kein absurder Dramatiker besser erfinden könnte. Gleichzeitig macht man die Erfahrung, dass das, was wir täglich an Nachrichten im Internet, im Fernsehen und im (Auto)- Radio hören, das einzige ist, was in der individualisierten Gesellschaft noch auf eine Welt verweist, in der wir alle gemeinsam leben und leiden.
Wenn sich erst die personalisierten Nachrichten durchsetzen, die sich jeder nach seinen persönlichen Wünschen zusammenstellen lassen kann, wird auch das Gemeinschaftsritual der täglichen Nachrichten der Vergangenheit angehören und jeder wird mit seinen eigenen Problemen vor seinem eigenen Computer sitzen, allein. Die Kommune der Wahrheit hat trotz intensivem Bemühens in Wien keine Alternative zu dieser Entwicklung gefunden, außer der Alternativlosigkeit selbst. „There is no alternative but no alternative“. Wenn man das erstmal begriffen hat, wird alles anders. Dies ist das Paradox, das einen dazu bringt, nur noch das Spiel für real zu halten und den Versuch zu machen, eine Welt zu schaffen und zu genießen, die weder wahr noch scheinbar ist, sondern Theater.
Die Schauspieler der Kommune, Franziska Hartmann, Daniel Lommatzsch, Barbara Nüsse, Jörg Pohl, Sebastian Rudolph und Birte Schnöink, sind bewährte Fachleute auf diesem Gebiet und lassen Nachrichten lebendig werden. Jeden Abend neu, jeden Abend anders, konstruieren sie Welten aus
unbegrenzten Möglichkeiten. Motto: „Dreams are my reality“. Ein paradoxes Traumtheater, das die
täglichen Katastrophen und Ereignisse, die Kriege, Krisen, Castingshows sowie die mediale
Vorberichterstattung über die Bundestagswahl „Merkel gegen Steinbrück“, die am 22. September
stattfinden wird (Steinbrück kommt am 1. September sogar zum Frühstück ins Thalia!) nicht aus den
Augen verliert.
Ein Theater am Ende der Welt, wie wir sie kennen. Vom 13.-17. September findet sich Stemanns Kommune einmalig im Großen Haus des Thalia Theaters zur zweiten Staffel dieser Abschaffung der Wirklichkeit zusammen.
Regie Nicolas Stemann
Bühne Anika Marquardt, Lani Tran-Duc
Kostüme Marysol del Castillo
Musik Thomas Kürstner, Sebastian Vogel
Korrepetition Burkhard Niggemeier
Video Claudia Lehmann
Dramaturgie Carl Hegemann
Ensemble Franziska Hartmann, Daniel Lommatzsch, Barbara Nüsse, Jörg Pohl, Sebastian Rudolph, Birte
Schnöink
Koproduktion mit den Wiener Festwochen
Eintritt Premiere 66 bis 27 Euro / ermäßigt 12 Euro
Eintritt Vorstellungen 48 bis 13 Euro / ermäßigt 9 Euro
Eintritt Voraufführung 35 bis 13 Euro / ermäßigt 7 Euro
Karten 040.32 81 44 44 / www.thalia-theater.de