Shakespeares Tragödie aus dem Jahr 1604 basiert auf einer Erzählung aus Giraldi Cinthios Novellensammlung Hecatommithi, einer Geschichte über die zerstörerische Macht von Neid und Eifersucht. Der englische Theaterdichter entwickelte daraus ein hochkomplexes Drama, dessen ausgefeilte, mehrdimensionale Psychologie der Charaktere bis heute beeindruckt. Othello ist ein Fremder in der venezianischen Kultur, jedoch als Militärbefehlshaber hoch angesehen und gesellschaftlich integriert, nicht zuletzt durch die Heirat mit der jungen Venezianerin Desdemona. Othellos Fähnrich Jago hegt eine heimliche Missgunst gegen seinen Herrn und spinnt eine Intrige mit verheerenden Folgen. Durch raffinierte Manipulationskünste spielt er mit Othellos Wahrnehmung und redet ihm die Untreue Desdemonas ein. Von wahnhafter Eifersucht befallen, wird aus dem stolzen Kriegshelden ein verunsicherter Ehemann, der in einer scheinbaren Ausweglosigkeit seine eigene Frau tötet und schließlich sich selbst.
Nach Hamlet (Stuttgart, 2008 / Toronto, 2012) und Romeo und Julia (Mannheim, 2011) bedient sich der Mannheimer Ballettdirektor einer weiteren Vorlage Shakespeares und entwickelt mit Othello sein drittes Handlungsballett. Kevin O’Day interessiert Jago als führender Protagonist der Tragödie, der durch Täuschung und Suggestion ein überzeugendes Schauspiel inszeniert.
Kevin O’Day hat aus Shakespeares Vorlage ein Libretto geschaffen, das genau auf seine Compagnie zugeschnitten ist. Dabei hatte er die Solisten seines Ensembles, ihren Ausdruck und Bewegungsstil vor Augen. Alle Rollen werden mit zwei Tänzern erarbeitet und wechselnd besetzt. Brian McNeal mit seinem eleganten tänzerischen Ausdruck und der athletisch-kraftvolle Tyrel Larson verkörpern Othello mit unterschiedlichen Akzenten in der Lesart.
Choreografie, Libretto, Musikauswahl Kevin O'Day
Musikalische Leitung Joseph Trafton
Musik John Adams / Jefferson Friedman / David Lang / Philip Glass / Aaron Jay Kernis
Ausstattung Tatyana van Walsum
Licht Mark Stanley