Brad Finnegan, sein Sohn, ist auf der Flucht... vor der Mafia, der er Geld schuldet. Kann nur die zur Apokalypse führende Veröffentlichung der Arbeit seines Vaters ihm die nötigen Dollars besorgen oder haben die Mafia-Typen aus der Unterhaltungsbranche ganz anderes mit ihm vor? Zwei zwielichtige Kunsthändler sind unterwegs mit einem wertlosen Gemälde, das nahezu vollständig verblasst ist, das aber zu einer horrenden Summe auf dem Schwarzmarkt verkauft werden soll; und tatsächlich seine Interessenten findet. Und dann ist da noch ein irrer Haufen Glücksspieler, der mit einem mathematisch ausgeklügelten System das große Geld an den Roulettetischen Las Vegas machen will, aber jeden Abend zu fünft nur 151$ gewinnt.
Geld als Kommunikationsmedium soll ja eigentlich Sinn und Ordnung (die Tauschregelung knapper Güter) in die Strukturen des Gesellschaftssystems bringen. Neben den Massenmedien aber ist nur noch das Geld ein Medium, das mit seinem symbolhaften Tauschwert die am weitesten entfernten
Dinge zusammenbringt: Kunst, Wissenschaft, Intimität, Recht, Macht und Religion.
Der argentinische Autor, Regisseur und Schauspieler Rafael Spregelburd zeigt uns die andere Seite der Medaille: die grotesken Auswüchse der Geldgier und des Bereicherungstriebes, die Sinnentleerung und das Chaos, das die Allgegenwärtigkeit des Geldes zeitigen kann. Es findet sich schwerlich ein anderes Gegenwartsstück, das dies komischer und anschaulicher vor Augen führt als Die Dummheit, dem IV Teil aus Spregelburds siebenteiligem Zyklus, der sich mit modernen Entsprechungen an den klassischen sieben Todsünden orientiert. Die Dummheit bezieht sich auf die Sünde der Habgier und des Geizes. Zwischen Tschechow und Boulevard, Dante und Soap-Opera bewegt sich Spregelburds apokalyptischer Reigen, der zu einem fulminanten Fresko menschlicher Unzulänglichkeiten erstarrt.
Christian von Treskow steht seit Beginn seiner Schauspielintendanz als ‚Pate’ für das Thema Ökonomie/Geld. Nach den Inszenierungen von Andreas Eschbachs Roman Eine Billion Dollar (Bühnenfassung Thomas Melle) und Tschechows Kirschgarten wird er mit Die Dummheit bereits zum dritten Mal auf diesen komplexen Stoff blicken, und wieder aus einer ganz anderen Perspektive. Nicht das Übermaß, noch der fatale Mangel sind das Problem, sondern die absolute Allgegenwärtigkeit bei völliger Unsichtbarkeit, mit der das Geld Gott ersetzt hat. „In hoc signo“ – „In diesem Zeichen“ (gemeint ist der Geldscheinaufdruck) sollte bereits bei Goethe im Faust II die neue Seligkeit der Menschen anbrechen. Es kam bekanntlich anders. Doch bei allem Unglück, das die Habgier und das Geld unter die Menschen bringen, bleibt am Boden dieser Büchse der Pandora eines übrig: die Komik. Denn die entsteht nun mal, wenn das, was nicht zusammengehört, zusammengebracht wird.
Inszenierung Christian von Treskow
Bühne und Kostüme Kristina Böcher
Musik Jens-Uwe Beyer
Dramaturgie Sven Kleine
Mit:
Sophie Basse, Holger Kraft, Maresa Lühle, Hendrik Vogt, Lutz Wessel
Die nächsten Vorstellungen sind am 30. März sowie am 2. / 10. / 19. / 24. / 27. / 28. und 30. April
2011 im Kleinen Schauspielhaus.