Während die Autoren solcher Human-Typologien bestenfalls skeptisch und leicht spöttisch waren, setzt Schwab in seiner „Menschensammlung“ zur totalen Vernichtung an. Die Personen von A bis Z sind weniger Charaktertypen als Opfer einer endgültigen Dekonstruktion: sie werden ermordet und gemetzelt, zersägt und zerschnitten, sie werden erstickt in Jauche und Müll und ertränkt in Blut, Schweiß und Tränen. Täter,
Opfer und Werkzeug dieses Mordens ist die Sprache, als das wichtigste Instrument des „verfeinerten
menschen“. Die Attacke Schwabs gegen den guten Geschmack, gegen den humanistisch-edlen
Zeitgenossen ist durchaus programmatisch. Die Kritik an den gesellschaftlich produzierten
Menschentypen enthält eine radikale Sprachkritik und Erkenntnisskepsis und erweist sich als der
vielleicht wichtigste Selbstkommentar des Autors – der aber auch in diesem Text nicht auf seine
drastische Komik verzichtet und lustvoll Situationen und Handlungen konstruiert, die zielsicher ihre
jeweils schlimmste Wendung nehmen.
Ein unglaubliches Alphabet des Wahnsinns, des Menschenelends und der torpedierten, hin und her
geschleuderten Grammatik. Werner Schwab auf den Gipfeln seiner Verzweiflung und seiner Kunst.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Werner Schwab
geboren 1958 in Graz. 1978 bis 1982 Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von
1981 bis 1989 lebte er auf einem abgelegenen Bauernhof in der Oststeiermark und arbeitete dort
sowohl an seinen „verwesenden Skulpturen“ als auch an Erzählungen und ersten Theatertexten. 1982
schied er aus der Akademie der bildenden Künste aus und wandte sich vermehrt dem Schreiben zu.
Schwab schuf insgesamt 16 Theaterstücke, u.a.: Die Präsidentinnen (UA 1990, Künstlerhaus Wien),
Übergewicht, unwichtig: Unform. (UA 1991, Schauspielhaus Wien), Volksvernichtung oder Meine Leber
ist sinnlos. (UA 1991, Münchner Kammerspiele, ausgezeichnet mit dem Mülheimer Dramatikerpreis),
Mein Hundemund. (UA 1992, Schauspielhaus Wien), Endlich tot, endlich keine Luft mehr. (UA 1994,
Saarländisches Staatstheater), Eskalation ordinär. Ein Schwitzkastenschwank in sieben Affekten. (UA
1995, Deutsches Schauspielhaus Hamburg), Hochschwab: Das Lebendige ist das Leblose und die
Musik. (UA1996, Schauspielhaus Wien) sowie etliche Prosatexte und Hörspiele. 1991 wählte ihn
Theater heute zum Nachwuchsdramatiker des Jahres, im folgenden Jahr zu Dramatiker des Jahres. Am
Jänner 1994 starb Schwab 35-jährig an den Folgen einer Alkoholvergiftung in Graz.
Katrin Hammerl
geboren 1984 in Oberwart. Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien und Pisa.
2011/12 Regiehospitanzen am Burgtheater, seit 2009 Regisseurin und Koautorin für das
Theaterkabarett-Duo Flüsterzweieck sowie im Rahmen verschiedener freier Theaterproduktionen wie
zuletzt bei der Performance Wir haben schon immer (2014, mo.ë, Wien). Am Schauspielhaus Wien ist
sie seit der Spielzeit 2013/14 Regieassistentin.
Mit
Barbara Horvath
Regie: Katrin Hammerl