Doch der moralische Verfall des Ortes scheint derart fortgeschritten, dass kein geeignetes, unbescholtenes Mädchen zu finden ist. Was tun? Man entschließt sich nach eingehender Prüfung, stattdessen einen Maikönig zu küren und einigt sich auf den etwas naiven Albert Herring, der fest unter dem Pantoffel seiner Mutter steht. Mrs. Herring, Besitzerin des örtlichen Gemüseladens, ist von der Idee sehr angetan, vor allem im Hinblick auf das in Aussicht gestellte Preisgeld. Nach der Krönung allerdings wird dem jungen Mann übel mitgespielt. In seine Limonade wird soviel Rum gemischt, dass den zurückhaltenden Albert plötzlich die Abenteuerlust packt. Er entflieht der erstickenden Atmosphäre seines Zuhauses und jagt damit nicht nur seiner Mutter einen gehörigen Schrecken ein. Als seine Abwesenheit entdeckt
wird, befürchtet man nämlich, er sei das Opfer eines Verbrechens geworden. Und als er nach durchzechter Nacht unversehrt und „befreit“ zurückkehrt, schockiert er das Komitee mit zweifelhaften moralischen Äußerungen…
Die Vorlage für das Libretto von Eric Crozier, mit dem Britten bereits Peter Grimes erarbeitet hatte, war Guy de Maupassants Erzählung Le Rosier de Madame Husson. Die Oper sollte das komische Pendant zu The Rape of Lucretia und Gegenstück zu Peter Grimes sein. Seine erste Komödie verstand Britten als Satire auf die englische Spießermoral und das puritanische Kleinbürgertum. In seinem Libretto kreiert Eric Crozier auf humorvolle und subtile Weise die unterschiedlichen Charaktere. Er stellt der Musik, die in ihrem kammermusikalischen Stil wie eine Opera buffa en miniature wirkt, eine eigenständige Ebene gegenüber. Britten verwendet in seiner Komposition sowohl Anklänge an die traditionelle komische Oper als auch parodistische Zitate, mit denen er die einzelnen Figuren musikalisch charakterisiert. So ist z.B. der berühmte „Tristan-Akkord“ zu hören, wenn Alberts Limonade mit Rum „verfeinert“ wird.
In der Anlage dieser Oper eiferte Britten Mozarts Così fan tutte und Verdis Falstaff nach: Er
komponierte zum Einen in mozartscher Manier alle Arten von Rezitativen, und im Geiste Verdis äußerst kunstvolle Ensembles, inklusive Fuge, in denen immer wohlorganisiertes Chaos herrscht. Bei der Arbeit an der Oper hatte Britten bestimmte Personen im Hinterkopf, die seinen Figuren Pate standen. Albert Herring entstand für die „English Opera Group“ und wurde 1947 in Glyndebourne uraufgeführt. Wie so oft schrieb Britten die Figuren bestimmten Sängern auf den Leib, so auch die Titelfigur, die bei der Uraufführung von seinem Lebenspartner Peter Pears verkörpert wurde. Mit dieser humorvollen Ensembleoper, in der sich das jetzige SängerInnen-Ensemble des TLT noch einmal in all seiner Spielfreude und musikalischen Vielseitigkeit zeigen kann, wird der Britten-Schwerpunkt um ein weiteres Meisterwerk/Lieblingsstück erweitert.
Libretto von Eric Crozier nach Guy de Maupassant
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Alexander Rumpf
Inszenierung: Brigitte Fassbaender
Bühne & Kostüme: Bettina Munzer
Mit:
Albert …………………………….. Joshua Lindsay
Lady Billows …………………….. Susanna von der Burg
Mrs. Herring …………………….. Jennifer Maines
Florence Pike …………………… Anne Schuldt
Mr. Gedge, Vicar ……………….. Joachim Seipp
Mr. Upfold, Mayor ……………… Dale Albright
Miss Wordsworth ………………. Christine Buffle / Hege Gustava Tjønn
Superintendant Budd ………….. Marc Kugel
Sid ……………………………….. Todd Boyce
Nancy …………………………… Marija Jokovic
Emmie …………………………… Sophie Mitterhuber
Cis ……………………………….. Susanne Langein
Harry …………………………….. Solist der Wiltener Sängerknaben
Tiroler Symphonieorchester Innsbruck
Weitere Vorstellungen:
Juni: 13. (19.30 Uhr), 20. (19.30 Uhr), 23. (19.00 Uhr), 29. (19.30 Uhr)
Juli: zlM 5. (19.30 Uhr)