Zum Dank erhält sie 1000 Dollar und die Ermahnung, weiterhin gütig zu bleiben. Shen Te erwirbt einen Tabakladen und verschließt sich nicht den zahlreichen Bitten ihrer gar nicht so guten Mitmenschen, so dass sie schon nach kurzer Zeit vor dem Ruin steht. In ihrer Not erfindet sie einen Vetter, Shui Ta, in dessen Maske sie mit kaltherzig-konträren Taten das Geschäft retten kann. Als gute Shen Te aber verliebt sie sich in den arbeitslosen Flieger Yang Sun, der sie finanziell skrupellos ausnutzt, so dass Shui Ta bald wieder zu Hilfe eilen muss. Er eröffnet eine Tabakfabrik, in der alle, denen Shen Te geholfen hat, für einen Hungerlohn arbeiten müssen. Des Mordes an der „verschwundenen“ Shen Te angeklagt, kann er/sie sich nur den Göttern offenbaren: „Euer einstiger Befehl / gut zu sein und doch zu leben / zerriss mich wie ein Blitz in zwei Hälften …“
Zur Inszenierung
Schon in den zwanziger Jahren konzipiert, im Exil dann ausgearbeitet, hat Brecht dieses mit den Mitteln des epischen Theaters ausgeführte Experiment, ob ein guter Mensch in dieser Welt gut bleiben kann oder ob die Welt geändert werden muss, ein Leben lang nicht losgelassen. Ong Keng Sen, Regisseur aus Singapur, wird nach seiner überaus erfolgreichen Inszenierung des Kaukasischen Kreidekreises am Schauspielhaus Wien 2005 mit Der gute Mensch von Sezuan als Koproduktion des Landestheaters Linz mit Linz09 - auf Einladung von Airan Berg - erneut ein Stück von Bertolt Brecht in Szene setzen. Selber aus dem chinesischen Kulturkreis stammend, will er dabei die von chinesischen Überlieferungen angeregte Handlung auf diese Ursprünge hin untersuchen und gleichzeitig die Relevanz des Stückes in unserer heutigen Welt erforschen, wobei er im Verhältnis der westlichen Welt zu China eine gegenseitige symbiotische Missbrauchs-Beziehung erkennt, von Scheinheiligkeit geprägt, die er vielfältig in den Figuren des „Guten Menschen“ gespiegelt sieht. Eine der Fragen, die ihn immer wieder antreibt, ist die, was Identität in einer globalisierten Welt bedeutet und bedeuten kann. Entsprechend international ist das künstlerische Leitungsteam seiner Inszenierung besetzt. Die Doppelrolle Shen Te / Shui Ta wird Karl M. Sibelius spielen. In der heutigen Welt, in der die Unterschiede zwischen Arm und Reich, zumindest auf der Oberfläche, oft nivelliert sind, eine allumfassende Mittelschicht die prägende Klasse ist, auch Familienstrukturen sich völlig verändert haben, möchte der Regisseur mit dieser Besetzung ein Äquivalent zu der Kraft finden, die die Setzung der Prostituierten als Hauptfigur zur Entstehungszeit hatte. Auch sind es für ihn heute gerade die Transgender-Diskurse, die die politischen Bezüge des menschlichen Körpers am genausten untersuchen.
Inszenierung Ong Keng Sen
Musikalische Leitung Nebojša Krulanović
Bühne Myung Hee Cho
Lichtdesign Scott Zielinski
Kostüme Mitsushi Yanaihara
Video Cao Fei
Training Chinesische Oper Joanna Wong, Choy Yien Chow
und Asiatische Kampfkünste
Besetzung
Shen Te/Shui Ta Karl M. Sibelius
Wang Ein Wasserverkäufer Katharina Hofmann
Yang Sun Ein stellungsloser Flieger Sebastian Hufschmidt
Die Götter Nina Sarita Müller, Li Jing
Mi Tzü Die Hausbesitzerin/Die Alte Sabrina Tannen
Die Witwe Shin/ Die Frau/ Die Prostituierte Nicole Reitzenstein
Shu Fu Der Barbier Stefan Matousch
Lin To Der Schreiner/Der Polizist Manuel Klein
Frau Yang Suns Mutter/Die Nichte Eva-Maria Aichner
Der Mann /Der Alte / Der Bonze/Der Kellner Felix Frenken
Der Großvater/Der Arbeitslose Erich Josef Langwiesner
Musiker
Gitarrenklavier Nebojša Krulanović
Trompete Gerd Rahstorfer
Klarinette Dankevych Mykhaylo
Flöte Norbert Trawöger
Schlagzeug Ewald Zach
Weitere Termine 2., 5., 14., 15. und 21. Oktober 2009; 4., 17. und 26. November 2009; 11. Dezember 2009 und 30. Jänner 2010