Läuffer, der Sohn eines Pfarrers, fristet ein kärgliches Dasein als Hofmeister (Privatlehrer) bei einem adligen Major. Er muss dem unmündigen Sohn der Gutsbesitzer und der schwärmerischen Tochter Gustchen Manieren und Bildung beibringen. Das attraktive Mädchen hat ihrem Vetter Fritz Treue geschworen, glaubt sich aber vergessen als Fritz zum Studium abreist und sich nicht mehr blicken lässt. Das launige Spiel Gustchens stürzt Läuffer in Verwirrung. Er wird ihr Ersatzkandidat. Gustchens Mutter, ausgestattet mit blasiertem und neureichem Repräsentationsgehabe, will die Tochter mit einem Grafen verheiraten. Aber der Flirt mit dem Hofmeister hat Folgen: Gustchen erwartet ein Kind und flieht. Auch Läuffer türmt vor dem erbosten Vater. Beim Dorfschullehrer lässt er sich zum Preis der Geheimhaltung als Gehilfe verwenden. Als Läuffer die -falsche- Nachricht erhält, Gustchen habe sich nach der Geburt ihres Kindes umgebracht, folgt der Selbstanklage die Selbstbestrafung durch Kastrierung. Dem schrulligen Dorfschullehrer erscheint die radikale Abtötung der Sinneslust als höchste Qualifikation für das Pädagogenamt.
Bertolt Brecht hat in seiner Bearbeitung den privaten Erfahrungshorizont des Hofmeisters objektiviert und den beißenden Spott auf herablassende Herrschaft und unterwürfiges Bürgertum noch verschärft. Brecht demonstriert die Aktualität des sich selbst kastrierenden Intellektuellen: "Läuffer erntet unser Mitgefühl, da er sehr unterdrückt wird, und unsere Verachtung, da er sich so sehr unterdrücken lässt."
Inszenierung: Ingrid Gündisch
Ausstattung: Angela Loewen
mit Michaela Domes, Dagmar Geppert, Sebastian Hofmüller, Eva-Maria Kapser, Thomas Lackner, Oliver Matthiae, Wolfgang Mondon, Benjamin Ulbrich, Hartmut Volle, Frank Watzke