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"Der Kick" in Moers"Der Kick" in Moers"Der Kick" in Moers

"Der Kick" in Moers

Ein Dokumentarstück von Andres Veiel und Gesine Schmidt . Premiere Samstag, 27. Mai, 19.30 Uhr, in der Tennishalle am Solimare (Filder Straße 144).

Potzlow in der brandenburgischen Uckermark im Juli 2002. Vier junge Männer im Alter zwischen 16 und 22 Jahren verbringen die Nacht gemeinsam. Für den Jüngsten unter ihnen endet dieses Treffen tödlich. Zuvor hatten ihn seine Kumpane gequält, erniedrigt und schließlich grausam ermordet. Eines Ihrer Vorbilder, der Kinofilm American History X; die Tatorte: Privatwohnung, Straße und ein Schweinestall im brandenburgischen 600-Seelendorf. Es dauert Monate bis das Opfer, mitten im Ort in einer Jauchegrube verscharrt, gefunden wird.

Mit „Der Kick“ bringt jetzt das Schlosstheater Moers (stm) diesen Kreislauf von Demütigung und Folterung auf die Bühne. Unter der Regie von Ulrich Greb schließt das stm damit an seine Dokumentararbeiten an. Ursprünglich wurde das Stück für das Maxim-Gorki-Theater von dem Dokumentarfilmer Andres Veiel und der Dramaturgin Gesine Schmidt entwickelt. Sie haben 2005 aus persönlichen Interviews mit den Tätern und Zeugen, Vernehmungsprotokollen und Medienberichten einen verstörenden Text über einen brutalen Mord unter Jugendlichen erstellt und versucht, die Spuren des Verbrechens nachzuzeichnen. Die Moerser Premiere ist am Samstag, 27. Mai, 19.30 Uhr, in der Tennishalle am Solimare (Filder Straße 144) zu se-hen.

Für Greb und Dramaturg Erpho Bell steht nicht nur die Tat sondern vielmehr die Frage nach der Werte-vermittlung in unserer Gesellschaft im Mittelpunkt der kurzfristig ins Programm aufgenommenen Inszenie-rung. Dabei haben sich die Theaterleute davon leiten lassen, wie sich die Perspektivlosigkeit von Jugendli-chen äußert, die ohne Bildungsabschluss keine Chance hatten und wie Verhältnisse entstehen, in denen Eltern für ihre Kinder keine Verantwortung übernehmen und Kinder wiederum von ihren Eltern keine Hilfe erwarten. Ihnen war aber auch wichtig erlebbar zu machen, wie Medien die Wahrnehmung jedes einzelnen beeinflussen und sich die Tat durch Nähe und Intensität von Berichterstattung ändert. Die Inszenierung macht sich die Beobachterrolle des Publikums zu nutze und lässt es direkten Anteil haben an der Brutalität des Verbrechens.

Ulrike Volkers, die zum erstmals beim Schlosstheater zu sehen ist, Werner Strenger, Jonas Vietzke und Ekkehard Freye haben die heikle Aufgabe übernommen, die insgesamt 16 dokumentierten Stimmen von Rechtfertigung, Schuldzuweisung, Hass, Aggression und Verletzlichkeit zu vermitteln. Das Bühnenbild hat Birgit Angele entwickelt, die Kostüme stammen von Elisabeth Strauß.

„Wir waren uns der Verantwortung bewusst, dass wir mit der Geschichte von Potzlow die Lebensgeschich-te von real lebenden Personen auf die Bühne holen. Aber um das Bewusstsein zu schärfen, haben wir uns zu diesem Schritt entschieden“, erläuterte Greb anlässlich der Vorstellung des Projektes, mit dem das stm in der kommenden Spielzeit auch seine Zusammenarbeit mit Jugendlichen verstärken will. „Als Theater wollen wir Veränderung in der Gesellschaft einleiten und das Thema in den Dialog mit dem Publikum ein-bringen.“ Die Moerser zogen es daher vor, dem Stück eine neue Perspektive als Ausgangspunkt für Ver-änderung zu geben. „Jeder Besucher soll für sich persönlich etwas aus der Veranstaltung mitnehmen.“ Schließlich soll Theater – nicht nur in Moers - Spuren hinterlassen.

Weitere Aufführungen am 30. und 31. Mai jeweils um 19.30 Uhr, am 14., 21. und 22. Juni jeweils um 11 Uhr.

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