Machiavelli hat jedoch ein Werk geschrieben hat, welches ein Abbild der Realität ist, das zeigt, wie die Welt wirklich ist und der Mensch aus den Sachzwängen heraus agieren muss. Der Mensch soll zwar prinzipiell gut und redlich sein, doch die Umstände zwingen ihn, gegen moralische Werte zu verstoßen und zu handeln. Machiavelli denkt nicht „gut“ von den Menschen und er mahnt damit zur Vorsicht im Umgang mit ihnen:
„Wären alle Menschen gut, so wäre dieser Rat nichts wert . . .“, „… denn die Art, wie man lebt, ist so verschieden von der Art, wie man leben sollte, dass ein Mensch, der in allen Dingen nur das Gute tun will, unter so vielen, die das Schlechte tun, notwendig zugrunde gehen muss.“
DAS WERK
Der Fürst als Herrscher
In seinem berühmtesten Werk Il Principe beschreibt Machiavelli, wie ein Herrscher politische Macht gewinnen und bewahren kann. Es beruht auf der Überzeugung Machiavellis, dass ein Herrscher nicht an die überlieferten ethischen Normen gebunden zu sein braucht. Dieses Werk wird deshalb oft als Verteidigung des Despotismus und der Tyrannei solch machtbewusster Herrscher wie Cesare Borgia verstanden.
Nach seiner Auffassung kann sich ein Volk nie selbst aus der Krise befreien. Dazu benötigt es einen von der virtù beseelten Menschen (uomo virtuoso), der es anführt, die Fundamente einer staatlichen Struktur schafft und diese konsolidiert. Seine Herrschaft garantiert eine politische Ordnung, von der Machiavelli annimmt, dass sie Voraussetzung für die Moral der Menschen sei. Aber aus der Moral entspringt die Sittlichkeit und erst aus dieser wiederum kann virtù wirken. Um die Menschen eines Volkes in die Lage zu versetzen, die eigene virtù z.B. in einer Republik zu nutzen, bedarf es zunächst des Aufbaus einer politischen Ordnung, garantiert durch einen Fürsten.
Dieser Fürst muss seine Aufgabe zum Wohle des Gemeinwesens (Staatsräson) um jeden Preis erfüllen. Da er von Menschen umgeben ist, die unmoralisch und schlecht sind, darf er sich nicht durch moralische Aspekte in der Ausübung seiner Rolle einschränken lassen.
Der Gebrauch von Gewalt ist nach Machiavelli gerechtfertigt, ja sogar zwingend notwendig, soweit sie dem Aufbau und dem Erhalt des Gemeinwesens dient. Wenn der Fürst die Wahl hat, von seinem Volk geliebt oder gefürchtet zu werden, so sei die Furcht vorzuziehen, denn sie sei ein verlässlicher Faktor. "Ist es besser, geliebt zu werden als gefürchtet, oder verhält es sich umgekehrt? Die Antwort lautet, dass beides erstrebenswert ist; da man jedoch beides nur schwerlich miteinander verbinden kann, ist es viel sicherer, dass ein Fürst gefürchtet wird, als dass er geliebt wird, wenn er schon nicht beides zugleich erreichen kann." Im Idealfall wird der Herrscher natürlich zugleich geliebt und gefürchtet. Allerdings sollte der Fürst nichts tun, um gehasst zu werden, denn dies würde seinen Rückhalt im Volk zerstören - so rät Machiavelli klar davon ab, das Eigentum der Untertanen zu berühren.
Notwendige Grausamkeiten müssten kurz und heftig sein, damit sie bald vergessen werden, aber Wohltaten sollten in kleinen Mengen erfolgen, damit die Erinnerung an sie lange hält.
Der Fürst muss sich nur dann an ein gegebenes Wort halten, wenn es ihm Vorteile bringt. Schadet es dem Gemeinwohl, so empfiehlt Machiavelli es brechen.
Dieses scheinbar unethische Verhalten darf jedoch auf keinen Fall das Ergebnis eigennütziger Intentionen sein, sondern ist lediglich als Mittel zum Erreichen eines höheren Ziels, nämlich zur Erhaltung des Gemeinwohls einzusetzen.
Machiavelli ist in seiner Formulierung hier recht eindeutig - die Verhaltensweisen des Fürsten bezeichnet er als Verbrechen, zu denen dieser zur Erfüllung seiner (im Endeffekt moralischen) Aufgabe gezwungen ist. Der Fürst sollte moralisch handeln, solange die Notwendigkeit seiner Aufgabe es zulässt, und sich auch ständig den Anschein eines moralischen Menschen geben, jedoch keine Scheu haben, augenblicklich von diesem Weg abzuweichen, sobald es im Namen des Gemeinwohls notwendig wird.
Ob allerdings das Gemeinwohl im Denken Machiavellis etwas anderes ist als Stabilität und Erhaltung der eigenen Macht des Fürsten wird in der Literatur kontrovers diskutiert.
DIE INTENTION
DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG MIT WALTER SACHERS ALS NOCCOLÓ MACHIAVELLI
Die Inszenierung von Machiavellis „Der Fürst“ orientiert sich nicht darauf, den reißerischen, bösen Machiavelli aufzuzeigen, sondern thematisiert die Sachzwänge, in die ein Mensch kommt, der in leitender Position steht.
Sie ist für die „oben“, wie für die „unten“ gleichermaßen interessant, da sie klar definiert, dass der Mensch gar nicht anders handeln kann – es werden keine Machenschaften aufgedeckt und auch keine Taschenspielertricks zur Erhaltung der Macht verraten.
Keine Firma der Welt wird heutzutage völlig unabhängig sein – sie sind alle vernetzt, von anderen Firmen abhängig, werden aufgekauft oder übernommen. Neue Strukturen, neue Richtlinien (lt. Machiavelli „Umwälzungen“) werden eingebracht, angeordnet oder eingesetzt – der Mensch, sei er ein kleiner Angestellter oder in leitender Position, steht vor der Frage wie er mit diesen Änderungen umgehen will. Wie zwanghaft sind die Zwänge, welche Spielräume gibt es? Sind wir nur Opfer einer gegebenen Situation oder können wir selbst auch eigenverantwortlich handeln?
Machiavelli und die Inszenierung zeigen auf, wie man sich verhalten kann, soll, oder vielleicht muss, um zu überleben - auf jeden Fall, dass es klug ist zu wissen, warum und wie unser System funktioniert.
Die Stadtstaaten zur Zeit Machiavellis waren nicht nur politische Institutionen, sie waren vor allem Wirtschaftsunternehmen, die den Regeln des Kapitalismus unterworfen waren. Daher wird an den Wirtschaftsfakultäten „Der Fürst“ von Nicolo Machiavelli oft als Leitfaden einer Wirtschaftsphilosophie diskutiert. Hier hat man schon lange erkannt, dass Il Principe nicht „Das Böse“ verkörpert, sondern praktische Dilemmasituationen der modernen (Wirtschafts-)Gesellschaft beschreibt.
Den Fürsten kennen zwar viele dem Titel nach, aber kaum einer hat ihn gelesen. Die Inszenierung mit Walter Sachers als „Machiavelli“ (Regie Coach: Harald Windisch) bietet nun die Gelegenheit, die Vorurteile zu diesem Werk auszuräumen und es wirklich kennenzulernen. Machiavelli sehen, hören und fühlen – dann bleibt er in der Erinnerung und erfüllt somit die ursprünglichste Intention des Autors, nämlich einen maßgeblichen Teil unserer Welt besser verstehen zu lernen.
mit Walter Sachers
Regie/Bühne: Walter Sachers
Co-Regie: Harald Windisch
Fachliche Beratung: Univ. Prof. Dr. Stephan Laske
Produktionsleitung: Gerald Windisch
Kostüm: Alexa Philippovich
Ton: Georg Stadler Video: Clemens Purner
Technik: Hanno Waldner
Videoinstallation/DVD: Clemens Purner