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Deutsche Erstaufführung: "Tschaikowsky" im Staatstheater Karlsruhe

Samstag, 2. Februar 2008, 19.30 Uhr I Opernhaus

Ballett in zwei Teilen von Peter Breuer und Michael Alexander Sauter

Collagenhaft nähert sich dieses Handlungsballett der Lebens-, Leidens- und Liebesgeschichte des russischen Komponisten.

Umrahmt vom Femegericht der St. Petersburger Gesellschaft, zeigt Peter Breuers Kreation Episoden aus Tschaikowskys Leben und Schaffen. Reales steht neben Fiktivem, Biografisches und Surreales versammeln Personen aus dem Umfeld des Komponisten und die von ihm geschaffenen Figuren, die sein persönliches und künstlerisches Leben prägten. Sein Leben ist äußerlich bestimmt von der Suche nach Ordnung, einer gesicherten Existenz als Künstler und einem Leben in bürgerlich-ehelichen Verhältnissen. Hier ist beides angelegt: seine persönliche Tragik und die Wurzeln seiner musikalischen Kreativität.

Neben seiner Mutter, die wie er an Cholera durch verseuchtes Wasser starb, sind es zwei Frauen, die sein Leben beeinflussen. Nadeshda von Meck, seine Gönnerin, zahlt ihm über viele Jahre eine jährliche Apanage. In die Gefühlskälte ihres Goldenen Käfigs bringt seine Musik Licht und Wärme. Sie werden sich nie persönlich begegnen, doch ihr Briefwechsel zeugt von großer seelischer Nähe. Nadeshda von Meck wird zu Odette in „Schwanensee“, zu Tatjana in „Eugen Onegin“ und die Gräfin in „Pique Dame“, die das Geheimnis der drei Karten kennt. Doch Nadeshda/Gräfin weiß auch, dass Erfüllung in der Liebe mit Reichtum nicht zu erkaufen ist. Seine Ehefrau Antonina sucht nur die gesellschaftliche Stellung an der Seite eines immer berühmter werdenden Komponisten. Ihre Forderungen nach körperlicher Nähe treiben Tschaikowsky in Hass und Selbstmordgedanken.

Tod, Verlust und letztlich Verzicht auf persönliches Glück werden zu Triebfedern seines Schaffens. Hin und her gerissen zwischen seiner homoerotischen Neigung und dem Wunsch nach bürgerlicher Wohlanständigkeit wird Tschaikowsky zu einem Getriebenen auf der Flucht vor sich selbst und auf der Flucht vor einer intoleranten Gesellschaft. Es sind die Themen des Schmerzes, des Verzichtes, der unerwiderten Gefühle, mit welchen er seine sinfonischen Dichtungen, seine Opern und Ballette so bewegend gestaltet.

In Peter Breuers Ballett, das am 16. Oktober 2005 im Salzburger Landestheater seine umjubelte Uraufführung erlebte, werden die Figuren der Opern und Ballette zu schicksalhaften Imaginatio-nen seiner geheimen Wünsche und Ängste. Peter Breuer setzt Charakter, Musik und Werk in eine Beziehung für die Darstellung unterschiedlichster Emotionen, schafft Bilder und Assoziatio-nen und zeigt mit seinen Mitteln des neo-klassischen, mit zeitgenössischen Elementen verbun-denen Tanzstils, wie eng Tschaikowskys kompositorisches Schaffen mit dessen Kampf um das nie erlangte persönliche Glück verknüpft ist.

Peter Breuer, im oberbayerischen Tegernsee geboren, ist seit 1991 Ballettdirektor des Salzbur-ger Landestheaters. Als aktiver Tänzer war er Solist bei Erich Walter in Düsseldorf, beim London Festival Ballet, an der Deutschen Oper Berlin und an der Bayerischen Staatsoper München. Als Gastsolist trat er u. a. mit dem American Ballet Theatre New York und an der Scala di Milano auf. Während seiner tänzerischen Laufbahn arbeitete er u. a. mit Choreografen wie John Cran-ko, Maurice Béjart, Hans van Manen und Glen Tetley. In Salzburg begründete er eine internatio-nal viel beachtete Tradition großer Erzählballette, häufig in Verbindung mit anderen theatrali-schen Formen wie Schauspiel und Gesang. Ballettensembles von Wien bis Tokio übernahmen seine Kreationen in ihr Repertoire.

Musik: Peter I. Tschaikowsky; Choreografie und Inszenierung: Peter Breuer │ Bühnenbild und Kostüme: Dorin Gal │Buch und Dramaturgie: Michael Alexander Sauter

Solisten und Ballettensemble des Badischen Staatstheaters

Weitere Vorstellungen: 3.2., 6.2. und 17.2.2008

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