Zu Beginn spielt das Ballett am Rhein in Schläpfers „Marsch, Walzer, Polka“ mit den Wiener Klangwelten der Strauß-Familie: Tänzer kreiseln mit imaginären Partnern, entdecken die lauernde Verzögerung des Tangos für
den Walzer und den Spitzenschuh als gefährliche Waffe, begegnen sich wie sommernachtstrunkene Schlafwandler, verlieren die Nerven und bekommen schlotternde Knie, statt stramm vor einem imaginären k. & k.-General zu defilieren. Jeder Takt der Musik klingt vertraut und überrascht trotzdem: Fern aller Opernballklischees gelingt Martin Schläpfer eine feinsinnige Ausbalancierung des so wienerischen Zwiespalts zwischen Euphorie und Melancholie, großem Gefühl und burlesker Komik, Tanzekstase und Walzertraum.
Im Zentrum des Abends: ein Meisterwerk des niederländischen Choreographen Hans van Manen. In den 2005 am Het Nationale Ballett uraufgeführten „Frank Bridge Variations“ zur gleichnamigen Komposition von
Benjamin Britten schuf van Manen Variationen der Begegnung von fünf Tänzerpaaren – in seiner Vielschichtigkeit und höchsten Konzentration ein verdichtetes Kompendium der Tanzkunst des großen Choreographen.
Mit „3.Sinfonie“ zur gleichnamigen Komposition von Witold Lutosławski schuf Martin Schläpfer seine erste Uraufführung für das Ballett am Rhein. Die erste Kreation für alle 48 Tänzer seiner neuen Compagnie ist ein dunkel getöntes, kraftvolles Tanzstück über eine archaische Welt voller Rätsel und Geheimnisse. Die Musik des polnischen Komponisten dient Schläpfer schon lange als Inspirationsquelle für seine Tanzkunst. Mit seiner Choreographie auf Lutosławskis Streichquartett gelang ihm vor einigen Jahren ein Meisterwerk, für das ihm im Moskauer Bolschoi Theater der Prix Benois de la Danse 2006 verliehen wurde. Auch in seiner Choreographie zur „3. Sinfonie“ – einer Musik voller eruptiver Ausbrüche, aber auch feinster Klangschattierungen – scheint er einem Hauptmotiv des Komponisten zu folgen: dessen „Wunsch, den genauesten Ausdruck der ständig sich wandelnden und entwickelnden Welt zu vermitteln, die in mir existiert.“
Die musikalische Leitung liegt wieder bei Christoph Altstaedt, einem jungen Dirigenten, der in Düsseldorf mit
dem Programm „b.01“ seine erste Ballettproduktion bravourös meisterte.
MARSCH, WALZER, POLKA
Musik: Johann Strauß (Sohn), Josef Strauß und Johann Strauß (Vater)
Choreographie: Martin Schläpfer // Kostüme: Thomas Ziegler // Licht: Thomas Dieck
FRANK BRIDGE VARIATIONS
Musik: „Variations on a Theme of Frank Bridge“ von Benjamin Britten
Choreographie: Hans van Manen // Bühne und Kostüme: Keso Dekker
Licht: Bert Dalhuysen // Einstudierung: Rachel Beaujean
3. SINFONIE (Uraufführung)
Musik: Sinfonie Nr. 3 von Witold Lutosławski
Choreographie: Martin Schläpfer
Bühne: Thomas Ziegler // Kostüme: Catherine Voeffray