Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Deutsches Nationaltheater Weimar: "der trost der dinge" - shakespeares sonetteDeutsches Nationaltheater Weimar: "der trost der dinge" - shakespeares sonetteDeutsches...

Deutsches Nationaltheater Weimar: "der trost der dinge" - shakespeares sonette

Premiere freitag, 22. märz 2013, 20.00 uhr, e-werk / maschinensaal. -----

Wer Anerkennung sucht, der ist gefährdet – wer einsam ist, arm dran. Wir wollen gehört werden, gemocht, geliebt, behütet und begehrt sein.

Weil aber Zurückweisung weh tut, liebt sich am leichtesten, was fern ist oder nicht widersprechen kann – ein Ideal, ein Traum, ein Schoßhund, eine Internetbekanntschaft. Dass die heute durch individuelle Mobilität und Flexibilität verbreitete Fernliebe eine gute Möglichkeit ist, sich nicht allein zu fühlen, aber den Niederungen eines gemeinsamen Alltags zu entgehen und sehnsüchtige Phantasien zu hegen, wusste schon Shakespeare.

 

In den 154 Sonetten seines 1609 herausgegebenen Gedichtbandes bezieht sich ein Ich obsessiv auf ein meist fernes Du, das es in genussvollem Schmerz zu lieben vorgibt und dem es sich restlos unterwerfen möchte. Ansprüche an den Anderen werden nicht gestellt, denn „Liebe hat ja weder Recht noch Grund“ (Sonett 49), so frei ist schließlich das Herz. Das Leiden gehört hier zum Programm und

das Nachlassen der Liebe des angebeteten Du ist nur eine Frage der Zeit. Doch hier scheitern keine Lebensentwürfe – die Liebe ist ein Spiel. Gefühle und deren Abgründe werden von Shakespeare wortreich zelebriert und die Spielregeln mit nützlichen Hinweisen serviert: Aus Mitgefühl Liebe auch mal heucheln und immer wieder schweigen, um für den Anderen interessant zu bleiben.

 

Vierhundert Jahre später erscheint uns die Liebe weniger spielerisch als bitterer Ernst in der Frage nach dem richtigen Leben, und wenigstens hier soll alles echt sein, wir verlangen nach totaler Nähe und Authentizität. Das einzigartige Glück der wahren Liebe soll gegen die Bedrohungen einer mitleidlosen Welt stärken und wärmen, eine kuschelige Komfortzone der Intimsphäre bereiten, in

der wir die – von keiner Leistung und Performance abhängige – totale Bestätigung unseres gehetzten Selbst finden. Ist das zu viel verlangt?

 

Der Trost der Dinge – Shakespeares Sonette observiert Privatnischen, gibt Neurosen eine Bühne und öffnet einen installativen Aufführungsraum mit „echter Fiktion“ für alle, die Nahweltbedarf haben.

Regisseur Michael von zur Mühlen inszenierte in dieser Spielzeit bereits Die Nibelungen nach Hebbel im e-Werk des DNT Weimar; 2010/11 stellte er sich mit einer Interpretation von Brechts Heilige Johanna der Schlachthöfe dem Weimarer Publikum vor.

 

regie michael von zur mühlen

raum, video und kostüme bahadir hamdemir

kostüme tanja seri-eickert

dramaturgie anna volkland

mit: rahel weiss, elke wieditz; christoph heckel, christian klischat, hagen ritschel

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 13 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑