Just heute, da Eisenstein eine achttägige Arreststrafe antreten soll, lädt ihn Falke ein, der häuslichen Enge zu entfliehen und auf einem Fest beim reichen Fürsten Orlofsky noch einmal ordentlich auf den
Putz zu hauen, bevor er ins Gefängnis muss. Die häusliche Enge seiner Gattin Rosalinde wird indessen von ihrem verflossenen Tenor-Freund Alfred aufgelockert, der sich anschickt, für den verurteilten Gemahl einzuspringen. Doch schon kommt der Arm des Gesetzes persönlich – in Gestalt des Gefängnisdirektor Frank, der den Delinquenten sogleich hinter Schloss und Riegel bringen will, da er für den Rest des Abends verplant ist. So wird der falsche Ehemann eingebuchtet.
Auf der Gesellschaft beim Prinzen Orlofsky, in die Falke seinen Freund Eisenstein als »Marquis Renard«
einführt, begegnet dieser allerlei schillernden Figuren: seinem Dienstmädchen Adele als Schauspielerin »Olga«, dem Gefängnisdirektor Frank als »Chevalier Chagrin« und schließlich seiner eigenen Ehefrau, die – obwohl maskiert – mühelos beweisen kann, dass sie eine echte ungarische Gräfin ist. Eisenstein ist hingerissen von der schönen Unbekannten, und zwischen all den Ballfreuden und -tänzen gelingt es Rosalinde, ihm beim Tête-à-tête seine Uhr als Corpus delicti abzuluchsen. Die Nacht ist lang, der Champagner prickelnd, und auf dem Höhepunkt der ausgelassenen Verbrüderungen schlägt plötzlich die Stunde des Abschieds: Frank und Eisenstein müssen beide in den Knast, der eine, um seine Strafe, der andere, um den Dienst anzutreten.
Den Katzenjammer erlebt der etwas einsame Gefängnisangestellte Frosch: Erst kommt sein Vorgesetzter in ziemlich derangiertem Zustand auf die Dienststelle, dann taucht eine aufdringliche Schauspielerin namens Olga auf, um mit ihren Talenten für die Finanzierung ihrer Ausbildung zu werben, und schließlich droht die Begegnung des echten verurteilten Ehemannes mit dem versehentlich eingebuchteten falschen. Gänzlich peinlich wird die Situation, als Rosalinde ihrem eifersüchtigen Gatten die Uhr entgegenhält, mit der er sie ins Gebüsch ziehen wollte. Gut, dass das Ganze nur ein Scherz von Dr. Falke war, der nun mit der gesamten Festgesellschaft den Spaß weidlich auskostet. Doch der wahre Schuldige für die Verirrungen der Herrschaften ist schnell gefunden: der Alkohol war’s.
»Um die Jahreswende 1873 innerhalb von sechs Wochen, nur in den Nächten komponierend« soll die Musik entstanden sein – mittels dieser und anderer längst widerlegter Legenden vermarkteten Johann Strauß und Richard Genée ihre Fledermaus, die nach der Uraufführung 1874 die Welt eroberte und innerhalb von zwanzig Jahren an rund 200 Theatern, darunter Bühnen in Russland, Amerika, Indien und Australien gespielt wurde. Bürgerliche Doppelmoral, verbotene Lüste, daraus entstehende Lügen und Betrug samt der Bedrängnisse der drohenden Entlarvung durch die ebenfalls betrügerisch bestens geschulte Gesellschaft finden in hintersinnigem Witz und treffsicherer Ironie in Dialogen und Musiknummern gewitzte Umsetzung. Ob im überdramatischheuchlerischen Terzett »Oje, wie rührt mich dies«, das im höhnischen Polkarhythmus den Abschiedsschmerz ironisch bricht, im barschen Couplet Orlofskys, das ihn mehr als Stimmbruch- und Schluckauf-geplagten Jüngling denn als souveränen Fürsten zeigt oder im champagnergetränkten Verbrüderungs-»Dui-Du«; immer zielt die Musik genau auf den Riss zwischen gelebter und vorgetäuschter Haltung und konterkariert spöttischentlarvend alle Lügen.
Text von Richard Genée nach der Komödie Le Réveillon von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
Musikalische Leitung: Florian Frannek
Inszenierung: Johannes Weigand
Bühne: Moritz Nitsche
Kostüme: Judith Fischer
Choreinstudierung: Jens Bingert
Dramaturgie: Ulrike Olbrich
Mit: Thomas Laske/Kay Stiefermann (Gabriel von Eisenstein), Banu Böke/Elena Fink (Rosalinde), Olaf Haye (Gefängnisdirektor Frank), Joslyn Rechter (Prinz Orlofsky), Christian Sturm/Boris Leisenheimer (Alfred), Miljan Milović (Dr. Falke), Boris Leisenheimer/Philipp Werner (Dr. Blind), Elena Fink/Annika Boos (Adele), Annika Boos/Katharina Greiß (Ida), Gregor Henze (Frosch)
Opernchor und Statisterie der Wuppertaler Bühnen //// Sinfonieorchester Wuppertal
weitere Vorstellungen:
29. September, 6./20./24. Oktober, 15. November, 8./14./26. Dezember 2013, 4. Januar, 8./16./22. Februar sowie am 5. April 2014