Das Geschlecht der Atriden ist verflucht. Der Krieg gegen Troja fordert seine Opfer und die Menschen sind verbittert. Mit einem Wort: Nichts ist gut in Argos. Endlich gelingt dem König mit einer List die Eroberung Trojas. Für die Rückkehr in seinen Palast verschleppt er als Kriegsbeute Kassandra, die Seherin. Auch seine Gattin Klytaimnestra erwartet ihn mit einer Überraschung: Ihr Geliebter Aigisthos hat längt den Thron bestiegen. Der Krieg ist zu Ende – doch der Frieden noch fern.
Zwei Herrscher in einem Land. Ohnmächtige Bürger. Die blutige Logik setzt sich fort. Klytaimnestra, die untreue Königin, erschlägt ihren Mann. Sie hat ihm nicht verziehen, dass er die gemeinsame Tochter Iphigenie aus Kriegsstrategie geopfert hat. Doch geht es auch darum, die neue Liebe, die neue Macht, nicht zu gefährden.
Bleierne Zeiten: Der alte König ist tot, der neue wird von den Menschen verachtet. Abermals richtet sich die Hoffnung auf einen Heimkehrer. Abermals gehen Jahre ins Land. Dann kommt Orestes, der Königssohn, zum Grab Agamemnons. Vom Gott Apollon kam der Auftrag, den Vater zu rächen. Orestes zögert, berät sich mit der Schwester Elektra, den Frauen von Argos, dem Freund Pylades. Groß ist die Trauer um den gefallenen Vater, groß ist die Wut auf die Mutter. Orestes tötet die selbst ernannten Herrscher. Fortan ist es der Muttermörder, dem die ganze Verachtung gilt. Doch Athene bezähmt die Rachegöttinnen, setzt der Gewalt ein Ende. Das Prinzip der Blutrache wird durch ordentliche Rechtsprechung ersetzt und das Gericht der Götter spricht Orestes frei. Ein neues Zeitalter kann beginnen.
In der ORESTIE bildet sich ein Prozess der Zivilisation ab, der von der Rache zum Recht, von der Fremdbestimmung zur Selbstbehauptung führt. Damit ist das vor rund 2500 Jahren geschriebene Werk wegweisend nicht nur für die moderne Demokratie sondern auch für das bürgerliche Theater.
Die Fragen nach der inneren und äußeren Verfassung unseres Landes, nach dem Zustand der Demokratie werden das Stadttheater Gießen in der neuen Spielzeit vielfach beschäftigen. Heißt Freiheit, dass alles erlaubt ist? Was wird aus Rechten, die niemand in Anspruch nimmt? Wohin driftet eine Gesellschaft, die keine gemeinsamen Bezugspunkte mehr findet? Auch in Griechenland kannte und kennt man solche Fragen.
Inszenierung: Titus Georgi | Bühne und Kostüme: Katja Wetzel | Musik: Parviz Mir-Ali
Mit: : Kyra Lippler, Irina Ries, Petra Soltau, Carolin Weber; Frerk Brockmeyer, Corbinian Deller, Kai Hufnagel, Rainer Hustedt, Roman Kurtz, Milan Pesl, Harald Pfeiffer
weitere Vorstellungen 11., 18., 25., 30. September, 15. Oktober, 05. November, 09. Dezember