Paul hat sich vom Leben zurückgezogen und sein Dasein einzig in den Dienst des Toten- und Reliquienkults um seine verstorbene Frau Marie gestellt. Als er bei seinen einsamen Spaziergängen an den Kanälen von Brügge eine Frau trifft, die Marie zum Verwechseln ähnlich sieht, beginnen sich Wirklichkeit und Wahn zu verwirren. Hin- und hergerissen zwischen Vergangenheitsfixierung und erotischer Anziehung, will Paul die lebenslustige Tänzerin Marietta mehr und mehr seiner geliebten Marie angleichen ...
Korngold hat zu dem Libretto nach dem Roman „Bruges la morte“ („Das tote Brügge“) des belgischen Symbolisten Georges Rodenbach eine schillernde, üppig-rauschhafte Klangwelt geschaffen, die sich mit expressiver Dramatik vereint.
Die 1920 zeitgleich in Hamburg und Köln stattfindende Uraufführung war ein grandioser Erfolg und machte den erst 23-jährigen Komponisten international berühmt. Doch durch das Aufführungsverbot seiner Werke unter den Nationalsozialisten und Korngolds erzwungenes Exil in Amerika geriet „Die tote Stadt“ für lange Zeit in Vergessenheit und wurde erst weit nach dem Zweiten Weltkrieg für die Bühne wiederentdeckt.
Auch am Staatstheater Kassel war Korngolds Meisterwerk seit den 1930-er Jahren nicht mehr zu erleben. Jetzt kommt es hier endlich wieder zur Aufführung: Am 23. April ist die Premiere. Für insgesamt zehn Vorstellungen steht „Die tote Stadt“ auf dem Opernspielplan des Staatstheaters Kassel. Die musikalische Leitung hat Generalmusikdirektor Patrik Ringborg, Regie führt Markus Dietz, der im Opernhaus zuletzt „Turandot“ inszeniert hat.
Für die männliche Hauptrolle des Paul konnte als Gast Charles Workman gewonnen werden. Der amerikanische Tenor ist Absolvent der renommierten Juilliard School und hat seit seinem Umzug nach Europa hier an den bedeutendsten Opernhäusern gearbeitet, von Covent Garden und La Monnaie über die Staatsoper Unter den Linden, die Bayerische Staatsoper und die Pariser Nationaloper bis zum Bolschoi Theater Moskau und der Mailänder Scala. 1999 gab er unter Sir Simon Rattle sein umjubeltes Debüt bei den Salzburger Festspielen, wo er seitdem ebenfalls regelmäßiger Gast ist und auch in diesem Jahr wieder auftreten wird.
In der weiblichen Hauptpartie der Marietta ist die irische Sopranistin Celine Byrne zu erleben, die mit ihrer Interpretation der Marschallin im „Rosenkavalier“ am Staatstheater Kassel bereits 2014/15 Publikum und Kritik begeistert hat. Die Künstlerin gastiert an weltweit renommierten Opern- und Konzerthäusern wie der Carnegie Hall, Covent Garden, der St. Petersburger Philharmonie, der Berliner Philharmonie und dem National Centre of Performing Arts in Beijing. Einem internationalen Publikum wurde sie früh durch Konzerte mit José Carreras, Roberto Alagna oder Joseph Calleja bekannt.
Text von Paul Schott nach dem Roman »Bruges la Morte« von Georges Rodenbach
Musikalische Leitung: Patrik Ringborg,
Inszenierung: Markus Dietz,
Bühne: Mayke Hegger,
Kostüme: Henrike Bromber,
Dramaturgie: Jürgen Otten,
Chor: Marco Zeiser Celesti,
Cantamus-Chor: Maria Radzikhovskiy
Mit: Charles Workman (Paul), Celine Byrne (Marietta, Tänzerin | Die Erscheinung Mariens), Marian Pop (Frank, Pauls Freund), Marta Herman (Brigitta, Haushälterin bei Paul), Lin Lin Fan (Juliette, Tänzerin), Maren Engelhardt (Lucienne, Tänzerin), Paulo Paolillo (Victorin, der Regisseur in Mariettas Truppe), Hansung Yoo (Fritz, der Pierrot), Johannes An (Graf Albert) und Eva Maria Sommersberg (Tote Marie)