Und diese Sachlage hat es mit der Zeit sehr mühsam gemacht, die traditionelle amerikanische Normalität aufrecht zu erhalten …“. Dann verschwindet das Familienoberhaupt, das seine nie verwirklichten Träume mit Alkohol runtergespült hat, abschiedslos und spurlos und lässt seine tablettensüchtige Frau Violet allein zurück. Die 69-jährige ist Oberhaupt und Zentrum der Familie. Die erwachsenen Töchter Barbara, Ivy und Karen versammeln sich mit und ohne Männer, mit und ohne Kinder auf dem Westonschen Familiensitz in Sorge um ihre Mutter.
Auch Violets Schwester mit Mann und Sohn ist gekommen: eine Familie, eine Welt. Aber Violet, boshaft und egoistisch, sorgt sich weniger um ihren verschwundenen Ehemann als um sich selbst. Wie sie ja auch früher als Mutter versagte, zumindest in den Augen ihrer Töchter, die jedes Duell mit ihr immer nur verlieren können. So wird das unerwartete Familientreffen zum Schlachtfeld familiärer Konflikte, auf dem sich Violet grandios und bösartig gegen den Rest der Familie in Szene setzt. Gutgehütete Familiengeheimnisse und Lebenslügen der Beteiligten werden ans Licht gezerrt, und Karens neuer Freund versucht, Barbaras minderjährige Tochter zu verführen. „Etwas mit dem Fundament des Hauses stimmt nicht“, heißt es im Stück, und das Familienfundament ist mehr als faulig.
Tracy Letts hat mit „Eine Familie“ (im Original „August: Osage County“), das im mittleren Westen des heutigen Amerika spielt, ein tragikomisches Familienepos geschrieben und verbindet die Theatertradition von Eugene O‘Neill und Tennessee Williams mit dem ätzenden Humor der schwarzen Komödie. Es geht um Schuld, Selbstzerstörung, Alkohol, Inzest, unerfüllte Liebe, also um das große fressende Tier „Familie“. Um die Auflösung und den Untergang eines Familienclans.
Autor Tracy Letts, geboren 1965 in Tulsa, wuchs als Sohn von Professoreneltern in Oklahoma auf. Nach einer Dekade des Drogen- und Alkoholmissbrauchs gelang es ihm, ohne Ausbildung eine Karriere als Schauspieler und Dramatiker aufzubauen. Für sein Stück „Eine Familie“ erhielt er 2007 den Pulitzer-Preis für Drama und den „Tony Award for best Play“. Das Stück wird demnächst in Hollywood verfilmt.
Deutsch von Anna Opel
Regie: Markus Kopf
Ausstattung: Kerstin Bayer
Dramaturgie: Wilfried Harlandt
Mitwirkende:
Regine Andratschke (Mattie Fae Aiken), Christiane Hagedorn (Ivy Weston), Cornelia Niemann (Violet Weston), Judith Patzelt (Johnna Monevata), Verena Schulze (Jean Fordman), Carola von Seckendorff (Barbara Fordham), Carolin M. Wirth (Karen Weston); Matthias Caspari (Bill Fordham), Frank-Peter Dettmann (Sheriff Deon Gilbeau), Wolf-Dieter Kabler (Charlie Aiken), Johannes-Paul Kindler (Steve Heidebrecht), Marek Sarnowski (Little Charles Aiken)
KostProbe:
Montag, 07. Juni, 19.00 Uhr, Kleines Haus
Weitere Vorstellungen im Juni:
Freitag, 11. Juni, 19.30 Uhr
Samstag, 12. Juni, 19.30 Uhr
Mittwoch 16. Juni, 19.30 Uhr
Dienstag, 22. Juni, 19.30 Uhr
Freitag, 25. Juni, 19.30 Uhr
Dienstag, 29. Juni, 19.30 Uhr