Die Geschichte des Kommis Weinberl, der einmal in seinem Leben aus der grauen Routine des Alltags ausbrechen möchte, um sich in der Stadt deftig zu vergnügen, mündet direkt in eine rasende Spirale der mehr oder weniger gelungenen Täuschungsmanöver und der unerwünschten Wiederbegegnungen, u.a. mit dem Prinzipal Weinberls, der seinen Angestellten am Arbeitsplatz wähnt.
Mit dem "Jux" hat Nestroy einerseits die Komödiendramaturgie zu einer Perfektion geführt, die im fugenlosen Ineinandergreifen der Pointen und in den ständigen Umkehrungen des Bühnengeschehens an die Makellosigkeit
einer Bach-Fuge erinnert. Andererseits erweist sich der Dramatiker, der in der wahnhaften Übertreibung seine Figuren bis zur Kenntlichkeit verzerrt, als sokratischer Philosoph, der mit feiner Witterung für das Widerspruchsvolle und Vieldeutige in der menschlichen Natur in der Lage ist, die gebrochenen Seelenfarben seiner Existenzen am Rande des Nervenzusammenbruchs in subtiler Psychologie herauszuarbeiten.
Das Wiener Kindertheater hat den "Jux" für seine diesjährige Produktion ausgewählt, weil gerade das Widerspiel von komödiantischer Leichtigkeit und existentieller Tiefenbohrung ein ideales Spielfeld für die kreative
Betätigungslust von Kindern ist. So wie in zahlreichen früheren Produktionen geht es vor allem darum, in klassischen und vermeintlich ´zu Tode gespielten` Theatertexten die Aktualität herauszufiltern und die Patina einer vergangenen Epoche abzukratzen.
"Einen Jux will er sich machen" wird nicht einfach nur vom Blatt gespielt, sondern von den Kindern, die sich ihre Rollen selbst aussuchen durften, minutiös erarbeitet und ihrer eigenen Erlebniswelt, sowie ihrem persönlichen
Sprachgebrauch angepasst. So wird das Stück zum Labor zeitgenössischer Befindlichkeiten, die im Spiegelbild der Vergangenheit umso klarer hervortreten. In einer Zeit, in der sich Kommunikation vielfach auf den Austausch von SMS-Kurznachrichten beschränkt und das verbale Geblubber von Vorabend-Fernsehserien die Sprache verkümmmern lässt, bietet die Arbeit mit dem vor Sprachvergnügen beinahe platzenden Nestroy-Text, die Möglichkeit, ein Ping Pong der Ideen zu entfachen dem eigenen Sprachvermögen neue Dimensionen hinzuzufügen.
Das Wiener Kindertheater setzt mit dem "Jux" seine etablierte Tradition fort: Es geht nicht um die Ablieferung eines “Theater-Produkts", sondern um die Inszenierungsarbeit als Prozess, um eine spielerische Aneignung, bei der der
Weg das Ziel ist und neue kommunikative Situationen jenseits der Alltagsklischees möglich werden.
Nestroy selbst hat einmal gesagt: "Kunst ist, wenn man's nicht kann, denn wenn man's kann, ist's keine Kunst."
EINEN JUX WILL ER SICH MACHEN
von Johann Nepomuk Nestroy
weitere Vorstellungen 4. und 5. September, jeweils 16.00 und 19.00 Uhr
Ort Kasino am Schwarzenbergplatz 1, 1040 Wien
sowie
8. September 2006, 19.00 Uhr
9./10. und 13. - 16. September 2006, jeweils 16.00 und 19.00 Uhr
Ort Studio Molière, Liechtensteinstraße 37, 1090 Wien
Das Wiener Kindertheater
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