Vom 7. bis 17. April 2016. ---
Theatermacher_ innen aus der ganzen Welt kommen in diesem Frühjahr zum Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) an der Schaubühne zusammen. Mehr denn je ist die Auseinandersetzung mit ihren Arbeiten und ihren Lebenswirklichkeiten im Theater ein wichtiges Signal: In einer Zeit, in der Trennendes an die Stelle von Gemeinsamem getreten ist, sich in den westlichen Gesellschaften starke soziale und politische Spannungen zeigen, Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften, die Auswirkungen und Fluchtbewegungen globaler Kriege und Krisen immer stärker auch in Europa spürbar werden und in unmittelbarer Nähe Grenzen geschlossen und rechtspopulistische Bewegungen stark werden, soll während FIND das Theater erst recht ein Ort des Austauschs und Dialogs über Ländergrenzen hinweg sein. Zu Gast sind Künstler_innen und ihre Inszenierungen aus Ägypten, Belgien, Deutschland, Haifa, Iran, Irland, Italien, Schweden, der Schweiz, Serbien und Syrien.
Zum sechsten Mal ist das Festival begleitet von FIND plus, dem Workshop-Programm für internationale Theaterstudierende. Gastland ist in diesem Jahr die Türkei.
Und natürlich gibt es rund um das Programm Partys und Gespräche. Sie sind herzlich eingeladen, zu verweilen, zu feiern und zu diskutieren!
Programmüberblick
Donnerstag, 7. April
19.30 – 20.25: The Last Supper von Ahmel El Attar
Regie: Ahmed El Attar
Eine Großfamilie aus der Kairoer Oberschicht beim Abendessen: Elf Figuren, vom Kindermädchen über den hochrangigen Offizier bis zum schwerreichen Patriarchen, treffen aufeinander und formieren ein Tableau der ägyptischen Gesellschaft nach dem Sturz Mubaraks.
Mit: Boutros Boutros-Ghali, Mahmoud El Haddad, Ahmed Farag, Mona Farag, Mohamed Hatem, Ramsi Lehner, Nanda Mohammad, Sayed Ragab, Abdel Rahman Nasser, Mona Soliman, Marwa Tharwat
Freitag, 8. April
18.00 – 19.00: The Trip von Anis Hamdoun
Regie: Anis Hamdoun
»The Trip« erzählt die Geschichte von Ramie, der zusammen mit seinen Freunden gegen das Assad Regime auf die Straße ging und als Einziger überlebte. Er flüchtet nach Deutschland, doch die Stimmen der Toten lassen ihn nicht los. »The Trip« wurde beim nachtkritik-Theatertreffen von Jury und Lesern zur bemerkenswertesten Inszenierung der letzten zwölf Monate gewählt.
Mit: Zainab Alsawahm, Patrick Berg, Nawar Bulbul (im Video), Marius Lamprecht, Anja S. Gläser
20.00 – 21.00: The Trip
20.00 – 21.10: Chekhov’s First Play von Dead Centre
Regie: Bush Moukarzel/Ben Kidd
»Chekov’s First Play« erzählt auf der Folie von »Platonov« von der Absurdität allen Seins. Platonov selbst spricht dabei kein einziges Wort. Er wird zur Projektionsfläche der Sehnsüchte und Hoffnungen aller ihn umgebenden Figuren und schließlich auch der Performer.
Mit: Liam Carney, Breffni Holohan, Rory Nolan, Rebecca O’Mara, Annie Ryan, Dylan Tighe
21.30 – 22.25: The Last Supper
Samstag, 9. April
16.00: manmaRo اورم نم project
Werkstattpräsentation von Ofira Henig
Gemeinsam mit dem Schauspieler Khalifa Natour und dem Visual Artist Ahsraf Hanna zeigt die israelische Regisseurin Ofira Henig zum ersten Mal ihre sich noch entwickelnde Arbeit »mannmaRo« vor Publikum.
Mit: Ahsraf Hanna, Ofira Henig, Khalifa Natour
18.00 – 18.55: The Last Supper
20.00: manmaRo project
20.00: Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 von Frank Witzel
Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart
Für die berührend-komische Geschichte eines Jungen aus der hessischen Provinz, der sich im Alter von dreizehneinhalb Jahren auf der Schwelle zum Erwachsenwerden befindet, erhielt Frank Witzel 2015 den deutschen Buchpreis. In diese Geschichte der Lehr- und Wanderjahre eines Heranwachsenden ist eine minutiöse Rekonstruktion der alten Bundesrepublik eingewoben. Witzel zeigt das politische Erwachen eines Landes, das gerade beginnt, sich vom Muff der unmittelbaren Nachkriegszeit zu befreien. Diese Ära des Umbruchs wird in einem kaleidoskopartigen Erzählgewebe heraufbeschworen, welches sich aus unterschiedlichen literarischen Formen zusammensetzt, vom Gesprächsprotokoll zur Action-Szene, vom inneren Monolog bis zum philosophischen Traktat. Das Resultat ist eine waghalsige Zerreißprobe zwischen Beatles und Rolling Stones, katholischer Kirche und Psychoanalyse, erster Liebe und politischer Radikalisierung, zwischen Humor und Depression. Armin Petras, der für seine künstlerische Auseinandersetzung mit der Ost-West-Geschichte Deutschlands bekannt ist und an der Schaubühne zuletzt seine Adaption von Christa Wolfs »Der geteilte Himmel« inszenierte, widmet sich mit der Uraufführung von Witzels Roman nun der Nachkriegsgeschichte aus westdeutscher Perspektive. Die Stuttgarter Punkband »Die Nerven«, die »zurzeit verzweifelteste, düsterste deutschsprachige Band« (Der Spiegel) spielen live auf der Bühne.
Regie: Armin Petras
Mit: Jule Böwe, Julischka Eichel, Paul Grill, Peter René Lüdicke, Tilman Strauß
Sonntag, 10. April
15.00 – 16.00: Verleihung des ITI-Preises zum Welttheatertag an Milo Rau
17.00 – 18.45: Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs
19.30 – 20.40: Chekhov’s First Play
21.00 – 22.50: Do You Still Love Me? von Sanja Mitrović
Was haben Fußball und Theatre gemeinsam? Zusammen mit belgischen und französischen Schauspieler_innen und echten Fußballfans aus Brüssel geht die Regisseurin und Performerin Sanja Mitrović der Frage nach, welchen Leidenschaften Menschen ihr ganzes Leben widmen, in einer Gesellschaft, die zunehmend ihren Zusammenhalt verliert.
Mit: Servane Ducorps, Cédric Eeckhout, Ina Geerts, Sid van Oerle und Kostas Pericaud, Dominique Piron, Sam De Leener, Gregory Uytterhaegen (Anhänger des Fußballvereins Royale Union Saint-Gilloise)
21.00: Mein Jahr ohne Udo Jürgens – Szenisches Konzert von Andreas Maier
Realisation: Patrick Wengenroth
Mit »Mein Jahr ohne Udo Jürgens« steht ein musikalischer Abend in bester Wengenroth-Manier auf dem Programm. Die Lieder von Udo Jürgens sind seit vielen Jahren ein markanter Bestandteil von Patrick Wengenroths Theaterarbeit. Zusammen mit dem Schauspieler Thomas Thieme und seinem Musiker Matze Kloppe nimmt er uns mit auf eine Reise in die ebenso unterhaltsame wie tiefsinnige Auseinandersetzung des Autors Andreas Maier mit dem Phänomen Udo Jürgens.
Mit: Matze Kloppe, Thomas Thieme, Patrick Wengenroth
Montag, 11. April
18.30 – 20.20: Do You Still Love Me? von Sanja Mitrović
Was haben Fußball und Theatre gemeinsam? Zusammen mit belgischen und französischen Schauspieler_innen und echten Fußballfans aus Brüssel geht die Regisseurin und Performerin Sanja Mitrović der Frage nach, welchen Leidenschaften Menschen ihr ganzes Leben widmen, in einer Gesellschaft, die zunehmend ihren Zusammenhalt verliert.
Mit: Servane Ducorps, Cédric Eeckhout, Ina Geerts, Sid van Oerle und Kostas Pericaud, Dominique Piron, Sam De Leener, Gregory Uytterhaegen (Anhänger des Fußballvereins Royale Union Saint-Gilloise)
18.30 – 20.15: Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs
20.30: Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969
Dienstag, 12. April
19.00 – 20.10: SPEAK! von Sanja Mitrović
Regie: Sanja Mitrović
In »SPEAK!« steht Sanja Mitrović selbst auf der Bühne, zusammen mit dem flämischen Performer Jorre Vandenbussche. In einem Kopf-an-Kopf-Duell hinterfragen die beiden die Verführungskraft von politischer Rhetorik. Abwechselnd performen sie reale, öffentlich gehaltene Reden der letzten 120 Jahre. Das Publikum ist der Richter in diesem rhetorischen Zweikampf.
Mit: Sanja Mitrović, Jorre Vandenbussche
20.30: Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969
21.00 – 22.10: SPEAK!
Mittwoch, 13. April
18.00 – 18.35: Wild Minds
19.00 – 20.10: Hearing von Amir Reza Koohestanis/Mehr Theatre Group
Regie: Amir Reza Koohestanis
Der Schauplatz von Hearing ist ein Wohnheim für Studentinnen in Teheran. Eines Tages gibt eine Studentin an, sie habe einen Mann gehört, der sich im Wohnheim aufgehalten habe – ein schweres Delikt innerhalb dieser Welt. Auf mehreren Zeitebenen beginnt ein Vexierspiel um die Wahrheit und zeichnet sich das Bild einer vom Krieg und Repression geprägten Generation ab.
Mit: Mona Ahmadi, Ainaz Azarhoush, Elham Korda, Mahin Sadri
20.30 – 21.05: Wild Minds von Marcus Lindeen
Regie: Marcus Lindeen
»Maladaptives Tagträumen« ist eine psychologische Störung, bei der Menschen sich so sehr in ihre Phantasiewelt hineinsteigern, dass sie ihr Leben völlig dominiert. In »Wild Minds« besuchen wir eine imaginäre Therapiegruppe, in der die Performer Texte sprechen, die auf Interviews mit vier echten Tagträumern aus New York basieren.
Mit: Mika Risiko, Sandra Carpenter, Vaughn Rice, Kiki Snodgrass
20.30 – 22.30: FEAR- Ein Stück von Falk Richter
Text, Regie und Choreographie: Falk Richter
Deutschland, im Herbst 2015. In einem Land, das von vielen als freies, offenes, vielfältiges Land im Aufbruch gesehen wird, grassiert die Angst. Angst vor dem Fremden, Angst davor, auszusterben, sich abzuschaffen, überfremdet zu werden; von Politik und Medien belogen und im Stich gelassen zu werden. Angst davor, von Minderheiten, die gleiche Rechte fordern, terrorisiert zu werden, eigene Privilegien zu verlieren. Die Ungeheuer, die diese Ängste gebiert, nimmt Falk Richter zusammen mit einem Ensemble von Schauspielern und Tänzern und dem Videokünstler Bjørn Melhus in den Blick. Sie begeben sich auf eine Reise durch verlassene und blühende, reale und virtuelle deutsche Landschaften, treffen auf eine christlich-fundamentalistische Hasspredigerin, besorgte Bürger, die gegen »Lügenpresse« und »Überfremdung« sich die Wut aus dem Leib schreien, besorgte Eltern, die gegen alternative Familienmodelle und die Akzeptanz sexueller Vielfalt auf die Straße gehen und sie kommen der konspirativen Allianz zwischen der politischen Rechten, christlichen Fundamentalisten und der Aristokratie für die Re-Christianisierung des Abendlandes auf die Spur.
Mit: Bernardo Arias Porras, Denis Kuhnert, Lise Risom Olsen, Kay Bartholomäus Schulze, Alina Stiegler, Tilman Strauß, Frank Willens, Jakob Yaw
23.00 – 23.35: Wild Minds
Donnerstag, 14. April
19.00 – 19.35: Wild Minds
20.00 – 21.10: Hearing
21.30 – 22.05: Wild Minds
22.30 – 23.05: Wild Minds
Freitag, 15. April
19.00 – 19.45: Natura e origine della mente
von Claudia Castellucci
Regie: Romeo Castellucci
Romeo Castelluccis neueste Installation »Nature e origini della mente« basiert auf dem gleichnamigen II. Buch der Ethik von Spinoza. Das Szenario: Eine Frau hängt an einem einzigen Finger in schwindelnder Höhe an einem Drahtseil. Durch das Publikum streunt ein Hund, der miaut und mit der Frau in Dialog tritt. Ein paradoxer Abgrund zwischen Bühnenhandlung und Philosophie, der allein im Kopf des Zuschauers überwunden wird.
Mit: Silvia Costa
20.00: The Flick
21.30 – 22.15: Natura e origine della mente
Samstag, 16. April
16.00 – 17.20: LIPPY
18.00 – 18.45: Natura e origine della mente
20.00 – 22.00: The Dark Ages
Von Milo Rau
Regie: Milo Rau
Nach »The Civil Wars« zeigt Milo Rau nun auch den zweiten Teil seiner Europa-Trilogie beim FIND. »The Dark Ages« ist ein intimes Portrait der Schattenseiten und blinden Flecke eines sich vereinigenden und doch im Inneren tief gespaltenen Kontinents. Der Text basiert auf den von Vertreibung, Heimatlosigkeit und Verlust geprägten Lebensgeschichten seiner fünf Schauspieler_innen aus Bosnien, Deutschland, Russland und Serbien.
Der letzte Teil der Trilogie wird im September 2016 an der Schaubühne uraufgeführt.
Mit: Sanja Mitrović, Sudbin Musić, Vedrana Seksan, Valery Tscheplanowa, Manfred Zapatka
22.30 – 23.15: Natura e origine della mente
22.30 – 23.50: LIPPY
von Dead Centre
Regie: Ben Kidd/Bush Moukarzel
Im Zentrum von »LIPPY« steht der rätselhafte Selbstmord vierer Frauen, die sich 2002 in ihrem Haus verbarrikadierten und 40 Tage zu Tode hungerten. Jegliche Hinweise fehlten. Ein Lippenleser versucht die Rekonstruktion ihrer letzten Gespräche und legt ihnen Worte in den Mund, die sie vielleicht nie sagten.
Mit: Joanna Banks, Bush Moukarzel, Gina Moxley, Catriona Nu Mhuircu, Liv O'Donoghue, Dan Reardon, Adam Welsh.
23.00: FIND Abschlussparty
Sonntag, 17. April
16.00: The Flick
18.00 – 19.20: LIPPY
20.00 – 22.00: The Dark Ages
F.I.N.D. wird gefördert durch die Lottostiftung Berlin.
FIND plus findet statt in Zusammenarbeit mit der Allianz Kulturstiftung, dem deutsch-französischen Jugendwerk, dem französischen Kulturministerium, dem europäischen Theaternetzwerk Prospero und dem Conservatoire National Supérieur d’art Dramatique.
www.schaubuehne.de/de/produktionen/find-2016.html