Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG | Ödön von Horváth - Wolfgang Borchert Theater in MünsterGLAUBE LIEBE HOFFNUNG | Ödön von Horváth - Wolfgang Borchert Theater in...GLAUBE LIEBE HOFFNUNG |...

GLAUBE LIEBE HOFFNUNG | Ödön von Horváth - Wolfgang Borchert Theater in Münster

Premiere A | Freitag 17. September 2010 | 20 Uhr

Premiere B | Samstag, 18. September 2010 | 20 Uhr

Horváth hat den Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft als Kern all seiner Stücke bezeichnet. In GLAUBE LIEBE HOFFNUNG beschreibt er, wie Elisabeth durch ihre Vorstrafe und ihre Armut zunehmend sozial isoliert wird.

Die allgemeine wirtschaftliche Not der Zeit – allein in Deutschland gab es damals fast sechs Millionen Arbeitslose – spiegelt sich im Bedürfnis der Gesellschaft nach Abgrenzung gegenüber Armut. Unverzichtbar sind hierbei Status und Hierarchien, die Sicherheit und Ordnung vorspiegeln und die Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg lindern. So werden die Begegnungen zwischen Elisabeth und den Menschen ihrer Umgebung immer bösartiger . . .

Das Stück beginnt vor dem Anatomischen Institut. Elisabeth braucht dringend 150 Mark, um eine Vorstrafe zu bezahlen, da sie ohne Wandergewerbeschein gearbeitet hat. Deshalb möchte sie schon zu Lebzeiten ihre Leiche für die Forschung verkaufen. Aus Mitleid streckt ihr der Präparator das Geld vor, im Glauben, ihr damit einen neuen Wandergewerbeschein zu finanzieren. Noch bevor sie die 150 Mark abarbeiten kann, verliert sie ihre Stelle, weil sie als Verkäuferin nicht genug Umsatz macht. Als der Präparator herausfindet, daß sie mit seinem Geld ihre Vorstrafe bezahlt hat, erstattet er Anzeige gegen sie. Elisabeth wird wegen Betrugs zu vierzehn Tagen Gefängnis verurteilt. Aber sie gibt die Hoffnung nicht auf. Sie lernt vor dem Wohlfahrtsamt den jungen Schupo Alfons Klostermeyer kennen und verliebt sich in ihn. Als der von ihren Vorstrafen erfährt, verläßt er Elisabeth aus Angst um seine Karriere. Elisabeth, völlig entkräftet und verzweifelt, begeht Selbstmord.

Auf dem Höhepunkt der ersten Weltwirtschaftskrise im Februar 1932, traf Ödön von Horváth [Foto] auf einer Reise den Prozeßberichterstatter Lukas Kristl, der ihn fragte, warum sich die Dramatiker immer nur für Kapitalverbrechen interessierten und sich kaum jemals mit den "kleinen Verbrechen" beschäftigten. (Auch heute reichen ja fehlende 1,30 € eher zur Entlassung als das Versenken von Milliardenvermögen . . .) Kristl erzählte ihm vom Fall einer Korsettvertreterin, die wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Horváth nahm Kristls Anregung zum Anlaß, den "gigantischen Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft" zum Thema zu machen, "dieses ewige Schlachten, bei dem es zu keinem Frieden kommen soll, höchstens daß mal ein Individuum für einige Momente die Illusion des Waffenstillstandes genießt." So entstand Horváths "kleiner Totentanz", in dem er in verschiedenen Stationen den Leidensweg der mittellosen Elisabeth schildert, die trotz ihres Lebensmottos ("Ich lasse den Kopf nicht hängen!") schließlich an der Rigorosität des Systems zugrunde geht.

Inszenierung | Monika Hess-Zanger

Ausstattung | Petra Buchholz

Mitwirkende | Mara S. P. Stroot [ELISABETH] | Konrad Haller [Ein Schupo] | Florian Bender [Oberpräparator / Tierpfleger / MARIA / Ein Kamerad] | Heiko Grosche [Präparator / Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat / Ein Invalider ] | Sven Heiß [Vizepräparator / Ein hochgewachsener Herr / Ein Buchhalter / Ein Kriminaler] | Hanni-Isabell Schuster [JOACHIM, der tollkühne Lebensretter] | Jens Ulrich Steffen [Der Baron mit dem Trauerflor / Frau Amtsgerichtsrat / Ein dritter Schupo] | Sabrina vor der Sielhorst [IRENE PRANTL / Eine Arbeiterfrau / Ein weiblicher Schupo] |

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

TOUR DE FORCE EINER TOP-ANWÄLTIN - "Omi-Alarm" von Susanne Felicitas Wolf im Studiotheater STUTTGART

"Ich wollte all das nicht erleben! Ich wollte distanziert aus der Ferne! Ich wollte nicht involviert werden!" Das sind die Worte der Top-Anwältin Helen Hampinger, die als Frau in den besten Jahren…

Von: ALEXANDER WALTHER

UNTERHALTSAMER STREIFZUG -- Martin Verg "Das Imperium kehrt zurück" im Piper Verlag

Martin Verg ist Autor, Journalist und Moderator. Jetzt hat er im Piper Verlag ein Buch über das alte Rom mit dem Titel "Das Imperium kehrt zurück" vorgelegt. Die "Ewige Stadt" hat auch für ihn nichts…

Von: ALEXANDER WALTHER

SCHLAMUFFEN UND RENNSCHNECKEN -- Premiere "Die unendliche Geschichte" nach Michael Ende im Schauspielhaus STUTTGART

In der bunten Inszenierung von Nora Bussenius spielt die Phantasie eine große Rolle. Denn in der Bearbeitung von John von Düffel flieht der von Til Schumeier virtuos dargestellte Bastian Balthasar Bux…

Von: ALEXANDER WALTHER

DIE GROSSE SACHE -- Ein Abend mit dem Roman FRANZISKA LINKERHAND von Brigitte Reimann im Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf

‚Es ist ein Mädchen.‘ Brigitte Reimann wurde 1933 geboren, in Burg bei Magdeburg, im bösen Jahr von Hitlers Machtergreifung. Nach dem Krieg kam ein anderes, diesmal persönliches Unglücksjahr auf sie…

Von: Vera Forester

Gefährdete Jahreszyklen - "Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione" von Anne Teresa De Keersmaeker, Radouan Mriziga / Rosas, A7LA5 im tanzhaus NRW Düsseldorf

Antonio Vivaldis "Le quattro stagioni" ist wahrscheinlich das bekannteste und beliebteste klassische Musikstück, das fast jeder in der westlichen Welt kennt, liebt oder wegen seiner Allpräsenz nicht…

Von: Dagmar Kurtz

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche