Eine Gefängniszelle zur Zeit der Inquisition. Nach einem Zellenbesuch lässt der Kerkermeister die Zellentür unverschlossen zurück. Versehen oder Absicht? Die geschilderten Minuten aus dem Leben und Leiden des Gefangenen in »Il prigioniero«, szenische Uraufführung 1950 beim Festival Maggio Musicale in Florenz, stehen als Parabel für das Ausgeliefertsein eines Menschen, der von einer unsichtbaren Macht bis in sein Innerstes verfolgt wird. Als letzte und schlimmste aller Qualen erweist sich dabei zynischerweise die zeitweilige Hoffnung des Gefangenen auf Freiheit: Der Kerkermeister entpuppt sich als Großinquisitor, der mit der Hoffnung des Delinquenten, dessen Tod von Anfang an außer Frage stand, ein letztes, grausames Spiel gespielt hat.
Dallapiccolas von der Zwölftonmusik inspirierte Komposition ist elementar und direkt, verleugnet jedoch nie ihre Herkunft aus der italienischen Operntradition.
Die Frage nach dem Ende und der Erlösung stellt auch »Ekklesiastische Aktion« von Bernd Alois Zimmermann, das den zweiten Teil des Doppelabends bildet. Als literarische Vorlage diente das biblische »Buch des Prediger Salomo«, ergänzt um einen Ausschnitt aus dem Großinquisitor-Kapitel des Dostojewskij-Romans »Die Brüder Karamasow«. In diesem konfrontiert der greise Großinquisitor den auf die Erde zurückgekehrten und als Aufrührer inhaftierten Christus in anklagender Weise mit den Folgen seiner Lehre. Dabei wird die Musik auffallend sparsam, fast hörspielartig eingesetzt, mit der Posaune als Versinnbildlichung der nahen Apokalypse.
Die »Ekklesiastische Aktion« war die letzte Komposition des 1918 in Bliesheim geborenen Zimmermann, bevor er sich 1970 in Frechen das Leben nahm. Seit der legendären Uraufführung seiner Oper »Die Soldaten« (1965), die – vor dem Hintergrund atomarer Bedrohung – ebenfalls einen aussagestarken politischen Zeitbezug herstellte, ist der Name dieses Komponisten untrennbar mit der Geschichte der Oper Köln verbunden. »Ekklesiastische Aktion« erfährt an der Kölner Oper die szenische Erstaufführung.
Der profilierte Bariton Bo Skovhus wird unter der Regie von Markus Bothe, dem Träger des Deutschen Theaterpreises 2010, zum zentralen Interpreten beider Doppelabende. Dalia Schaechter wird in »Il prigioniero« als Mutter, der Tenor Thomas Piffka als Kerkermeister / Großinquisitor zu erleben sein. Die zentralen Sprecherpartien in »Ekklesiastische Aktion« übernehmen Stephan Rehm und Jörg Ratjen. Mit Gabriel Feltz, dem GMD der Stadt Dortmund, konnte ein ausgewiesener Experte für die Neue Musik als Dirigent beider Kompositionen gewonnen werden.
Im Anschluss an die Vorstellung des 29. März findet eine Diskussionsrunde zu den beiden gezeigten Werken mit Intendantin Dr. Birgit Meyer, Dramaturg Georg Kehren und Pfarrer Hans Mörtter von der Kölner Lutherkirche statt. Das Publikum ist hierzu herzlich eingeladen; Eintritt frei.
Musikalische Leitung Gabriel Feltz
Inszenierung Markus Bothe
Bühne Robert Schweer
Kostüme Esther Geremus
Licht Nicol Hungsberg
Chor Marco Medved
Dramaturgie Georg Kehren
Mit
»Il prigioniero«: Dalia Schaechter, Bo Skovhus, Thomas Piffka, Taejun Sun, Wolfgang Schwaiger, Chor der Oper Köln, Gürzenich-Orchester Köln
Ekklesiastische Aktion: Jörg Ratjen, Stephan Rehm, Bo Skovhus, Gürzenich-Orchester Köln
Vorstellung 29. März | 16 Uhr (anschließend: Diskussionsrunde)
Mi 01. Apr. 2015
Sa 04. Apr. 2015
Mo 06. Apr. 2015
› mit Kurzeinführung