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"La Calisto", Oper von Francesco Cavalli, Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Premiere Samstag, 8. März 2014 I 19.30 Uhr I Großes Haus. -----

Die Quellen sind versiegt und die Natur darbt. Grund dafür sind wieder einmal die Gefühlswirren der griechischen Götterwelt. Als Göttervater Jupiter nach Arkadien kommt, um die Lage zu inspizieren, verliebt sich der notorische Schwerenöter in die Nymphe Calisto, die sich als keusche Jungfrau der noch keuscheren Dianas allerdings empört von ihm abwendet, zumal sie ihn für die missliche Lage der dürstenden Natur verantwortlich macht.

Jupiter jedoch greift, angeregt von seinem zwielichtigen Begleiter Merkur, zu einer List: Er verwandelt sich in Diana und lockt Calisto mit zärtlichen Worten an ein schattiges Plätzchen. Auch Endimione, der Diana heimlich liebt, geht dem Verwechslungsspiel Jupiters auf den Leim. Als dann noch der eifersüchtige Pan Diana nachstellt und die nicht weniger eifersüchtige Juno den Schwindel ihres Gatten Jupiter durch-schaut, ist der Familienkrach vorprogrammiert. Die Leidtragende dabei bleibt Calisto, die von der rachsüchtigen Juno erst in einen Bären verwandelt wird, um dann zum fragwürdigen Trost durch Jupiter als Sternbild am Himmel verewigt zu werden.

Der Monteverdi-Schüler Francesco Cavalli schrieb die Verwandlungs- und Verkleidungsintrige an einem Wendepunkt in der frühen Operngeschichte: War die Oper bis kurz vor der Uraufführung von La Calisto 1651 noch eine rein höfische Gattung gewesen, so hatte die Eröffnung des ersten öffentlichen Opernhauses in Venedig 1637 das Genre belebt. Auch die späten Opern von Monte-verdi hatten neue musikalische und dramaturgische Möglichkeiten ausgelotet, so dass Cavallis La Calisto tatsächlich eine Synthese all dessen darstellt, was Librettisten und Komponisten in den Jahrzehnten zuvor erarbeitet, erprobt und auch wieder verworfen hatten. Die Oper ist ein dichtes, facettenreiches Stück Musiktheater, das einen fließenden Übergang zwischen Deklamation und arienhaften Strukturen zeigt und die Musik eng mit der Dramaturgie des Stückes verknüpft.

Die Tatsache, dass nun Opern für ein bürgerliches Publikum geschrieben wurden, hatte auch Veränderungen bei den Sujets zur Folge. Zu den Götter und Heroen gesellten sich Diener- und Ammenfiguren, durch die die „Stimme des Volkes“ auf die Opernbühne kam. Die Handlungen wurden umfangreicher und komplexer, und die Götter begannen, sofern sie nicht ganz vom Thron gestoßen wurden, sich erstaunlich menschlich und nicht mehr ausschließlich hehr und erlesen zu verhalten, wie es noch in den ersten Opern der Fall gewesen war. An die Stelle großer, erhabe-ner Gefühle traten Leidenschaft und Intrige, Ranküne und Frivolität. Die Summe all dessen finden wir im Libretto von La Calisto, das zwar das Personal betreffend durchaus an die Tradition an-knüpft, aber an Frivolität und Schlüpfrigkeit wohl kaum zu überbieten ist und überdies auch einen guten Anteil an Gesellschaftskritik aufweist. Faustinis Libretto, das sein letztes wurde, da er kurz nach der Uraufführung von La Calisto starb, speist sich aus antiken Quellen, übernimmt zahlrei-che Motive aus Ovids Metamorphosen und bildet so die Vorlage für die affektvolle Musik Cavallis, die in Wiesbaden unter der musikalischen Leitung des Barock-Spezialisten Sébastien Rouland zur Aufführung kommt.

Für Wiesbaden hat Sébastien Rouland gemeinsam mit dem Cembalisten Yvon Repérant die Partitur, die nur zum Teil ausnotiert vorliegt, neu bearbeitet und für ein historisches Instrumentarium eingerichtet. Sébastien Rouland hat am Hessischen Staatstheater Wiesbaden mit großem Erfolg bereits Rameaus Platée, Glucks Armide, die szenische Aufführung der Johannes-Passion von Bach und Croesus von Keiser dirigiert. Er zählt mittlerweile zu den meistgefragten Dirigenten seiner Generation. So dirigierte er an der Opéra National de Lyon, der Opéra National du Rhin, an der Komischen Oper Berlin, am Theater St. Gallen, am Aalto-Theater Essen sowie an der Oper von Tel Aviv. Es folgten u.a. Gastspiele an der Oper Leipzig, beim Opernfestival in St. Gal-len, am Teatro Nacional de São Carlos Lissabon, am Théâtre du Châtelet in Paris und an der Oper von Mexico City. In Stuttgart leitete Sébastien Rouland die Neuproduktionen von La Juive und Der Triumph von Zeit und Enttäuschung sowie Alcina.

Regie führt die junge Regisseurin Teresa Reiber, die sich mit mehreren Regiearbeiten in der Wartburg vorgestellt hat, darunter die Uraufführung der Kammer-oper Büchners Frauen bei den Maifestspielen 2013, und nun erstmals mit einer Arbeit im Großen Haus zu sehen ist. Nach Regieassistenzen bei Elisabeth Stöppler und Sven Holm ist Teresa Rei-ber seit der Spielzeit 2010/11 als Regieassistentin für Musiktheater am Hessischen Staatstheater Wiesbaden engagiert und hat seitdem unter anderem bei Konstanze Lauterbach, Dietrich W. Hilsdorf, Immo Karaman, Manfred Beilharz in Tel Aviv und Markus Bothe assistiert. Choreografi-sche Unterstützung erhält sie von Wiebke Dröge, als freie Choreografin, Dozentin und Autorin arbeitet. Ausgebildet in Zeitgenössischem Tanz, Improvisationstechniken und Sportwissenschaf-ten gründete sie in Frankfurt Main 2005 ihr eigenes Label und kooperiert seit 2006 mit dem im Künstlerhaus Mousonturm ansässigen Tanzlabor_21/Tanzbasis Rhein-Main und leitet seit 2012 den Tanzperformance Klub_21.

Libretto von Giovanni Faustini

Bearbeitung von Sébastien Rouland und Yvon Repérant

In italienischer Sprache mit Übertiteln

Musikalische Leitung Sébastien Rouland

Inszenierung Teresa Reiber

Bühne Ricarda Beilharz

Kostüme Michael Sieberock-Serafimowitsch

Choreografie Wiebke Dröge

Dramaturgie Karin Dietrich

Nicola Amodio (Die Natur/Pane), Emma Pearson (Das Schicksal/Calisto), Sharon Kempton (Die Ewigkeit/Giunone), Thomas de Vries (Giove), Brett Carter (Mercurio), Matthew Shaw (En-dimione), Merit Ostermann (Diana/Giove in Diana), Erik Biegel (Linfea), Hye-Soo Sonn/ Chris-topher Rickerby (Silvano), Sarah Jones/Agnes Szalai (Satirino)

Orchester und Statisterie des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden

Weitere Vorstellungen: 17. und 30. März; 11. und 19. April 2014

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