Denn als die Französin im Zuge ihrer sich anbahnenden Mail-Freundschaft etwas Substanzielleres vom britischen Verkäufer von Telekommunikationsanlagen hören möchte als unverbindliches Geplänkel, erzählt ihr David nach und nach eine Geschichte aus seiner Vergangenheit, als er noch Lehrer war, verheiratet mit der schönen, depressiven, kaufsüchtigen Jess, für deren ständigen Wünsche er aber leider nicht in der richtigen Gehaltsgruppe spielte. Und wie er sich auf Anraten seiner rachsüchtigen Ex-Freundin sogar mit sexuellen Dienstleistungen ein Zubrot verschaffen musste, und wie er dann einmal nach Hause kam und Jess halb ohnmächtig vorfand, voll mit Schlaftabletten und Lebensüberdruss, und er in dem Moment nur daran denken konnte, dass es vielleicht doch noch etwas mit dem neuen Ford Mondeo werden könnte, wenn er jetzt Jess mit etwas Wodka über die Runden half… David wird niemals wieder etwas von Sandrine hören.
Liebe und Geld ist die gnadenlose Vivisektion einer Gesellschaft, in der die Hatz auf Wohlstand und Konsum jegliche moralische Norm abgelöst hat. Humane Kollateralschäden werden dabei billigend in Kauf genommen, es gilt mit aller Macht den privaten wirtschaftlichen Niedergang zu verhindern. Doch ist der Prozess einer schleichenden Erosion von Werten und Gefühlen nicht mehr zu stoppen, der Kapitalismus frisst seine hörigen Jünger.
Der 1970 in London geborene Dennis Kelly ist die Entdeckung unter den neuen englischen Dramatikern. Liebe und Geld hatte er bereits 2006 geschrieben, schon damals brachte sein Stück, das auch mit der Frage „Liebst du noch, oder zahlst du schon?“ untertitelt sein könnte, die Kapitalismuskritik auf den Punkt, heute in Zeiten der Finanzkrise mutet es geradezu hellsichtig an.
Inszenierung: Peter Wallgram
Bühne und Kostüme: Pia Maria Mackert
Musik: Jörg Zemmer
Dramaturgie: Oliver Held
Mit: Sophie Basse, Thomas Braus, An Kuohn, Holger Kraft, Maresa Lühle, Marco Wohlwend
Die nächsten Vorstellungen sind am 27. November sowie am 04. Dezember 2010 im KLEINEN SCHAUSPEILHAUS.