«Dantons Tod» spielt in einer der düstersten Zeiten der Französischen Revolution: fünf Jahre nach der
Erklärung der Menschenrechte herrscht nun der Terror. 1835 nutzte der junge Büchner diesen
historischen Hintergrund, um in seinem Drama existentielle Fragen zu stellen: Kann es ein
gerechtes politisches System geben, in dem jeder einzelne Mensch ein gutes, selbstbestimmtes
Leben führen kann? Ist der Mensch zum friedlichen Zusammenleben fähig oder existiert in jedem
von uns das «Tier», das bereit ist, zu töten, wenn es um den eigenen Vorteil geht?
Diese Fragen stellen sich auch heute, vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Revolutionen im arabischen Raum und den dadurch ausgelösten politischen Debatten in Mitteuropa, mit grosser Dringlichkeit.
Paris, 1794. Aus den ehemaligen Gefährten Danton, Robespierre und St. Just sind Gegner geworden.
Danton, der Held der Revolution, ist müde. Ekel hat ihn ergriffen angesichts des Leids, das mit dem
menschlichen Dasein unauflöslich verbunden zu sein scheint. Der Kämpfe überdrüssig, propagiert er den Hedonismus und sucht den Rausch des Augenblicks. Unversöhnlich stehen sich die unterschiedlichen Positionen gegenüber: Hier der Tugendterror des Moralisten Robespierre und der Fanatismus des St. Just, dort Dantons Wille zum politischen Kompromiss. Am Ende bleibt allen der Gang zur Guillotine. Büchner war Revolutionär und Künstler zugleich. Er schrieb «Dantons Tod» vor der Flucht ins französische Exil in wenigen Wochen nieder. Spätestens seit letztem Jahr sind Flüchtlinge nach den gescheiterten Revolutionen im arabischen Raum nun auch in Mitteleuropa nicht mehr zu übersehen.
Können sie und wir noch von einer besseren Zukunft träumen? Können wir noch an den Erfolg von
Revolutionen hin zu einer gerechteren Gesellschaft glauben? Büchner selbst war Realist genug, um einem Sieg der Prinzipien von Vernunft, Freiheit und Gleichheit zutiefst skeptisch gegenüber zu stehen. Seine Bestandsaufnahme ist von bestürzender Gegenwärtigkeit.
Der Regisseur Andreas Herrmann: Für mich steht die Auseinandersetzung im Zentrum, ob wir an die
Möglichkeit gesellschaftlicher Veränderung zum Besseren noch glauben können oder ob wir von
fatalistischen Gedanken geprägt sind, dass jede revolutionäre Bestrebung pervertiert wird und
machtpragmatischen Handlungen zum Opfer fällt. Können wir noch von einer besseren Zukunft träumen, Utopien der Möglichkeit eines menschenwürdigen Daseins in der Gesellschaft ernst nehmen und diskutieren – oder haben wir schon längst die Meinung akzeptiert, dass unsere Welt von anderen
komplexen und undurchschaubaren Interessen gelenkt wird.
Andreas Herrmann (Inszenierung),
Max Wehberg (Bühne),
Catherine Voeffray (Kostüme),
David Hedinger (Licht),
Erik Altorfer (Dramaturgie)
Besetzung: Judith Cuénod, Julia Doege, Wiebke Kayser, Lilli Lorenz, Bettina Riebesel; Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, David Michael Werner