Die Titel der drei Teile des Textes: „Erlkönigin“, „Der Tod und Das Mädchen“ und „Der Wanderer“ sind Liedern von Franz Schubert entnommen, Goethes Erlkönig hat allerdings das Geschlecht gewechselt. Er ist, im ersten Teil, eine berühmte, natürlich tote Schauspielerin, die einer alten österreichischen Tradition entsprechend, dreimal im Sarg um das Burgtheater Wien herum getragen wird. Diese Schauspielerin hat die Macht erfahren: Während des Zweiten Weltkrieges war sie ein Star der deutschen Filmindustrie, passte sich auch auf der Bühne der nationalsozialistischen Propaganda an und konnte nach dem Krieg ihre Karriere ungebrochen fortsetzen – u.a. als Protagonistin des österreichischen Heimatfilms.
Der Mittelteil: „Der Tod und Das Mädchen“ ist eine Art Zwischenspiel, der Dialog eines Jägers mit Schneewittchen, die im Wald auf der Suche nach dem Zwerg Wahrheit ist. Es geht um das Wahre, Gute und Schöne, auf das sich viele in der Kunst gern berufen. Leider wird Schneewittchen vom Jäger totgeschossen, bevor es noch die lieben Zwerge treffen kann.
Im letzten Teil spricht der Wanderer, ein Text, den Elfriede Jelinek ihrem Vater gewidmet hat. Während im ersten Teil eine Täterin redet, spricht jetzt ein Opfer: ein alter jüdischer Mann, der – wahnsinnig geworden – sein Pflegeheim verlässt und durch das Gebirge irrt.
Elfriede Jelinek, 1946 in Mürzzuschlag/Steiermark geboren, ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Für ihr Werk, das Lyrik, Prosa, Hörspiele und Theatertexte umfasst, wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis und dem Heinrich-Heine-Preis. 2004 erhielt sie für ihr Gesamtwerk den Nobelpreis für Literatur.
Thomas Bischoff wurde in der DDR geboren. Inszenierungen an der Berliner Volksbühne, am Deutschen Theater Berlin, in Bremen, Hannover und Köln. In den letzten Jahren waren von ihm mehrere Regiearbeiten am Düsseldorfer Schauspielhaus zu sehen, zuletzt seine Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“.