Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Milo Rau "Schauspielregisseur des Jahres" 2017 / IIPM-Vorschau Herbst 2017Milo Rau "Schauspielregisseur des Jahres" 2017 / IIPM-Vorschau Herbst 2017Milo Rau...

Milo Rau "Schauspielregisseur des Jahres" 2017 / IIPM-Vorschau Herbst 2017

Nach der Ernennung Milo Raus zum "Schauspielregisseur des Jahres" in der Umfrage der Deutschen Bühne kürte nun die zweite deutschsprachige Kritikerumfrage (Theater heute), die als Kooperation des International Institute of Political Murder IIPM mit CAMPO Gent produzierte Rau-Inszenierung "Five Easy Pieces", zur "Inszenierung des Jahres". Der IIPM-Dramaturg Stefan Bläske konnte die meisten Kritikerstimmen in der Rubrik "Beste Dramaturgie" auf sich vereinigen. Als "Stück des Jahres" genannt wurden auch die beiden IIPM-Inszenierungen "Empire" und "Die 120 Tage von Sodom".

 

Als Milo Rau und sein Team im Sommer im ostkongolesischen Bürgerkriegsgebiet ihren neuen Dokumentarfilm „Das Kongo Tribunal“ den Protagonist*innen, den lokalen Machthabern und der Bevölkerung vorstellten, waren die Reaktionen überwältigend: Tausende Kongolesen waren gekommen, um sich den Film im Rahmen von Voraufführungen anzusehen. "Dieser Film ist der letzte Hilfeschrei an die Kongolesen: Erhebt Euch! Worauf wartet ihr!", sagte ein Zuschauer einem der begleitenden Journalisten. Für den Träger des Alternativen Nobelpreises Denis Mukwege, Leiter des Pansi-Hospitals (Bukavu), ist es ein Film „von unschätzbarem Wert für unser Land.“ Eindrückliche Reise-Berichte lieferten die Journalist*innen Andreas Tobler und Patricia Corniciuc, die das Team im Kongo begleiteten.

 

Anlässlich der Weltpremiere im Rahmen der Semaine de la critique beim 70. Filmfestival in Locarno Anfang August schrieb die SZ: "Der Film stösst die Zuschauer mitten ins Grauen." Für die WOZ ist der Film eine „weitreichende Intervention in die Wirklichkeit, die noch nicht abgeschlossen ist“, und der Blog Lost Dramaturgin International rief aus: „See this film! If nothing else see this film, because what it says is so so important.” Milo Rau erklärte gegenüber dem Schweizer Radio SRF: „Der Film hat eine Unmöglichkeit möglich gemacht. Die Regierung wurde angeklagt, zwei Minister mussten demissionieren. Die Leute haben gesehen: Man kann Dinge ändern!“ Der Film startet im November im Verleih von RealFiction und Vinca Film in den schweizerischen und deutschen Kinos.

 

Das im Verbrecher Verlag Anfang August erschienene Buch zum „Kongo Tribunal“ (hg. von Mirjam Knapp, Rolf Bossart und Eva Bertschy) bietet einen umfassenden Überblick zum „größenwahnsinnigsten Kunstprojekt unserer Zeit“ (Radio France Internationale). Versammelt sind die wichtigsten Zeugenaussagen, Statements der internationalen Jury, Reden, Interviews und Rechercheberichte von Milo Rau, die Plädoyers der Richter sowie die wichtigsten Analysen und Presseberichte. Ein weiteres Buch zur Arbeit von Milo Rau und dem IIPM ist bereits im Druck: "Wiederholung und Ekstase", ein umfangreicher Sammelband aus Manifesten, Essays, Gesprächen, der im Oktober im Diaphanes-Verlag erscheint.

 

Der in Raus Eröffnungsrede zum „Kongo Tribunal“ formulierte Ansatz – „sich auf die Seite der Entrechteten zu begeben, jener, die keine Lobby haben und die Stimme jener hörbar zu machen, die nie gehört werden“ – wird in der „General Assembly“ (Schaubühne am Lehniner Platz) fortgeführt. Vom 3. bis 5. November 2017 versammeln sich in der Bundeshauptstadt 60 Abgeordnete aus der ganzen Welt, um das neu gewählte deutsche Parlament herauszufordern – repräsentativ für alle Akteurinnen und Akteure, die von der deutschen Politik betroffen sind, jedoch ohne politisches Mitspracherecht. Die „General Assembly“, das erste Weltparlament der Menschheitsgeschichte, gipfelt in der Verabschiedung der „Charta für das 21. Jahrhundert“.

 

Bereits zwei Wochen davor, am 19. Oktober 2017, feiert die aktuelle Theaterproduktion von Milo Rau „LENIN“ ihre Uraufführung an der Berliner Schaubühne. Darin blicken Rau und das Schaubühnen-Ensemble um Ursina Lardi (Schweizer Theaterpreis 2017) durch Lenins Hirn auf die wohl folgenreichste Revolution der Menschheitsgeschichte: in eine Gesellschaft zwischen Aufbruch und Apathie, Revolutionssehnsucht und reaktionären Widerständen – ein Labyrinth der Hoffnungen und Ängste, der politischen Ideale und kollektiven Gewalterfahrung.

 

Weitere Informationen zu den Theater-, Buch- und Performance-Projekten sowie alle Tourtermine der kommenden Wochen finden Sie auf www.international-institute.de. Live-Eindrücke, kurze Filmausschnitte und Hintergrundberichte zu „Das Kongo Tribunal“ erscheinen regelmässig auf der Facebook-Seite (#DasKongoTribunal) des Projekts.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 19 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑