Die Existenz: ein Sport. Die Liebe: ein Spiel. Das Ziel: Spass. Dementsprechend klingt auch sein Credo, von Mozart formuliert in der sogenannten Champagner-Arie: ein Plädoyer für ein Leben auf Messers Schneide, im Presto-Tempo dahinschäumend und überquellend wie eben: Champagner. Nur wie verträgt sich diese egozentrische Leichtigkeit des Seins mit den Regeln gesellschaftlichen Miteinanders? Im Zentrum der Oper lädt der Tänzer zum Tanz, man spielt auf, allerdings jedem das Seine, und in strenger Konsequenz führt das waghalsig freie Arrangement unterschiedlicher Tanzkapellen in ein Chaos, das akustisches Sinnbild wird für den Zusammenstoss von Individualität und Gemeinschaft – das Grundthema der Oper.
«Don Giovanni» gehört zu den beliebtesten Opern der Musikgeschichte; am Luzerner Theater wurde sie zuletzt 2001 von Reinhild Hoffmann mit grossem Erfolg inszeniert; erst kürzlich ging sie – mit weniger Erfolg – über die Bühne der Felsenreitschule bei den diesjährigen Salzburger Festspielen. Ganz ohne Zweifel: «Don Giovanni» ist eine Herausforderung für jeden Regisseur.
Stephan Müller, renommierter Schweizer Theatermacher, widmet sich erst seit kurzem der Gattung Oper, doch konnte er sich mit «Dido and Aeneas» (Purcell) und «Werther» (Massenet) bereits bestens am Luzerner Theater empfehlen. Seine Inszenierung konzentriert sich auf die Konfrontation von Individuum und Gesellschaft, von unbedingter Freiheit und gesellschaftlich sanktionierter Ordnung. De Sade gegen Kant lautet die Versuchsan¬ordnung, die zum Tod des Libertins, aber auch zur Zerstörung der Gesellschaft führt. Don Giovanni selbst steht dabei weniger für den Rokoko-Mythos «Casanova», sondern ist vielmehr ein Sohn der Moderne: Vom Leben in jeder Hinsicht begünstigt, spürt er das Leben nur noch in dessen Grenzbereichen. Rausch, Tod, Kampf und Wollust allein stimulieren noch denjenigen, der den Sinn im Leben schon lange verloren hat. Das Seelenkarussell um Don Giovanni dreht sich in einem von zeitlicher Eindeutigkeit befreiten Raum und lässt so den Fokus zu auf die katastrophische Entwicklung innerhalb aller Figuren.
Die Hauptrolle dieses grossen Opernwerkes übernimmt der junge Bariton Tobias Hächler, der seit der Spielzeit 2007/08 zum Ensemble des Luzerner Theaters zählt. Als Preisträger des Ernst Haefliger Concours 2006 hat Hächler am 4. September 2008 einen weiteren grossen Auf¬tritt am LUCERNE FESTIVAL, wenn er vor internationalem Publikum sein Debutkonzert geben wird.
Nach Mozarts Version steht ab dem 18. Oktober 2008 auch Gazzanigas «Don Giovanni» auf dem Spielplan der kleinen Spielstätte UG des Luzerner Theaters. Zusammen mit StudentInnen der Hochschule Musik Luzern und der Jungen Philharmonie Zentralschweiz wird Theaterdirektor Dominique Mentha diese selten gespielte Oper inszenieren. Die musikalische Leitung hat Andrew Dunscombe.
TEXT: LORENZO DA PONTE
IN ITALIENISCHER SPRACHE MIT DEUTSCHEN ÜBERTITELN
PREMIERE: 7. SEPTEMBER 2008, 19.30 UHR IM LUZERNER THEATER
MIT: Sumi Kittelberger (Zerlina), Simone Stock (Donna Anna), Madelaine Wibom (Donna Elvira);
Tobias Hächler (Don Giovanni), Marc-Olivier Oetterli (Leporello), Boris Petronje (Masetto / Komtur),
Tomasz Zagorski (Don Ottavio)
PRODUKTIONSTEAM: John Axelrod (Musikalische Leitung), Stephan Müller (Inszenierung),
Werner Hutterli (Bühnenbild), Mechthild Feuerstein (Kostüme), Lev Vernik (Choreinstudierung),
Gérard Cleven (Licht), Christian Kipper (Dramaturgie)
Luzerner Sinfonieorchester, Chor des Luzerner Theaters, Statisterie des Luzerner Theaters
WEITERE VORSTELLUNGEN: 11.9., 14.9. (13.30 Uhr), 19.9., 24.9., 26.9., 28.9., 12.10. (13.30 Uhr), 25.10., 6.11., 8.11., 23.11., 7.12. (20.00 Uhr), 13.12., 23.12., 26.12., 28.12. (20.00 Uhr), 30.12.2008, 10.1., 17.1., 10.2.2009 jeweils 19.30 Uhr
Koproduktion mit LUCERNE FESTIVAL