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Münchner Kammerspiele: LANGE NACHT DER NEUEN DRAMATIK

Schauspielhaus, am 5. Oktober 2013, 19.00. -----

Die Landeshauptstadt München und die Münchner Kammerspiele vergeben in Zusammenarbeit mit dem Drei Masken Verlag zum dritten Mal den MÜNCHNER FÖRDERPREIS FÜR DEUTSCHSPRACHIGE DRAMATIK.

 

Der Preis ist Dank einer Spende der Edith-und-Werner-Rieder-Stiftung mit 15.000 Euro dotiert. Neben Dr. Hans-Georg Küppers (Kulturreferent der Landeshauptstadt München), Julia Lochte (Chefdramaturgin Münchner Kammerspiele) und Guido Huller (Drei Masken Verlag) gehören der Förderpreisjury 2013 die Zündfunk-Redakteurin Caroline von Lowtzow und der Autor Feridun Zaimoglu an.

 

Drei Autorinnen und zwei Autoren hat die Jury nominiert, deren Texte in Werkstattinszenierungen und szenischen Lesungen vom Ensemble der Münchner Kammerspiele präsentiert werden. In der LANGEN NACHT DER NEUEN DRAMATIK wird die Schauspielhausbühne zum Experimentierfeld. Und am Ende der Nacht, wenn der Umschlag geöffnet ist, stehen der Sieger oder die Siegerin fest. Außerdem vergeben die Zuschauer den undotierten PUBLIKUMSPREIS DER LANGEN NACHT DER NEUEN DRAMATIK.

 

Die nominierten Autoren und ihre Stücke:

 

POLEN IST MEIN ITALIEN

Sascha Hargesheimer

 

Regie: Lennart Laberenz, Tobias Staab

Ausstattung: Bettina Pommer, Henriette Müller

Mit: Walter Hess, Cristin König, Christian Löber, Stefan Merki,Max Simonischek, Edmund Telgenkämper

 

Das Ende der Welt, ganz in der Nähe von Danzig. Inmitten dieser postapokalyptisch anmutenden Ostsee-Ödnis geht dem legendären (wenngleich kaum bekannten) Berliner Independent-Regisseur Bela Roberti, der gerade an seinem Science-Fiction-Streifen „Die Wiese der Dinge” arbeitet, das Film-Material aus. Der erfolglose Filmemacher schafft es nicht, das Scheitern des Projekts gegenüber der Filmcrew einzugestehen und flüchtet stattdessen in eine fiebernde Gedankenwelt zwischen Erinnerung und Traum. Er begegnet zwei polnischen Brüdern in ihrem verlassenen Hotel am Meer, einer Kranführerin, die kurz vor ihrer Pension gefeuert wurde und seiner Frau, die ihn längst verlassen hat. Sascha Hargesheimer schafft wortgewaltig dichte Atmosphären und schickt seinen tragikomischen Helden auf eine psychedelische Odyssee durch die polnische Peripherie.

 

was würdest du filmen / mit dem letzten rest meine ich / wenn

es der letzte rest film auf der welt wäre / was würdest du sehen

wollen

 

Sascha Hargesheimer, geboren 1982 in Frankfurt am Main, arbeitete als Assistent am Frankfurter TAT, am Schauspiel Frankfurt und am Maxim Gorki Theater Berlin. Seit 2010 studiert er Szenisches Schreiben an der UdK Berlin und arbeitet als freier Regisseur u.a. auf Kampnagel Hamburg, am Ballhaus Ost sowie mit Chris Kondek am mousonturm Frankfurt und am HAU in Berlin. Sein Stück ALANS KRIEG–DIE ERINNERUNGEN DES G ALAN COPE wurde 2011 im Rahmen des Festivals „Reality Kills” am Maxim Gorki Theater Berlin uraufgeführt.

 

WAS ERLEBEN

Sibylla Hirschhäuser

 

Regie: Philip Decker

Ausstattung: Anna van Leen

Dramaturgie: Koen Tachelet

Musik: Dominik Obalski

Mit: Marie Jung, Hans Kremer, Oliver Mallison, Çigdem Teke

 

Hochsommer. Die Temperatur steigt, es regnet kaum, die Frösche im trockenen Pool werden bald sterben. Käthe und Josi wohnen im Haus des verstorbenen Großonkels. Das Haus, einst ein ruhiger, geschützter Ort, befindet sich im Neubaugebiet, und wird bald mit der vorrückenden Stadt verbunden sein. Aber jetzt herrscht noch Stille, genau wie im Leben der zwei jungen Frauen. Die Vorzeichen von etwas Neuem sind aber nicht zu leugnen. Die Neustadt rückt näher, die Liebe tritt ein, das Haus füllt sich mit Skulpturen von Josi und Käthe, ein Mitarbeiter der Hotline durchbricht seine Anonymität, die Frösche müssen gerettet werden. In einer bildreichen Sprache erkundet Sibylla Hirschhäuser das gefährliche, geheimnisvolle Übergangsgebiet zum Erwachsenwerden. Wie viel muss man sterben, damit man weiter leben und etwas erleben kann?

 

die bagger kommen immer näher / und die betontrommeln /

sie reißen schon die böden auf / rund um unser haus / die tür

ist von schutt blockiert / irgendwo muss es doch aufhören / das

neubaugebiet / kann doch nicht alles verschlucken

 

Sibylla Hirschhäuser, geboren 1988 in München, studierte dort Theaterwissenschaft, Neuere Deutsche Literatur und Philosophie und seit 2011 Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. 2009 nahm sie am „Manuskriptum” Schreibkurs der LMU

teil, und belegte 2010 beim Internationalen Festival junger Literatur „Wortspiele” den 2. Platz beim Publikumspreis. Im Oktober 2012 war sie eine von vier Finalisten der on3-Lesereihe. Verschiedene ihrer Prosatexte, darunter „goethestraße”, „Fallhöhe” und „nordbalkon”, erschienen in Literaturzeitschriften und Anthologien.

 

REINES LAND/VERLUST

Mehdi Moradpour

 

Regie: Malte Jelden

Ausstattung: Jil Bertermann

Mit: Bastian Beyer, Clara Heldmann, Lorna Ishema, Moritz von Treuenfels

 

Die Menschen in Mehdi Moradpours Stück driften durch ihr Leben. Tara ist vor den politischen Konflikten in der Republik Iran geflohen. Andreas sucht auf einer Reise nach seiner eigentlichen Aufgabe, seiner wahren Bestimmung. Kami findet Trost in Drogen und Chrissi endlich Verständnis in der eigenen Familie. Alle vier begegnen sich für eine kurze, intensive Weile in Berlin und brechen wieder auf, bevor sich wirklich etwas ereignen, etwas verändern könnte. REINES LAND/VERLUST erzählt einen Polit-Krimi, den ganz normalen kapitalistischen Entwicklungsroman und mindestens zwei Liebesgeschichten. Mittendrin hört man John Lennon singen:

 

The dream is over /

What can I say? /

The dream is over /

And so dear friends /

You’ll just have to carry on /

The dream is over.

 

Mehdi Moradpour, geboren 1979 in Teheran, lebt seit 2001 in Deutschland. Er studierte zunächst Physik und Informatik, dann Theater- und Kulturwissenschaften sowie spanischsprachige Literatur in Leipzig und Havanna. Er arbeitet als freier Autor und Übersetzer für Persisch und Spanisch.

 

DANKE, DASS ICH JETZT IHREN HUND HALTEN DARF

Magdalena Schrefel

 

Regie: Zino Wey

Ausstattung: Sina Barbra Gentsch

Dramaturgie: Julia Lochte

Mit: Marc Benjamin, Brigitte Hobmeier, Kristof Van Boven, Ursula Werner

 

Sie hausen zusammen in unglückseliger Dreieinigkeit: eine demente, pflegebedürftige Alte, ihre redselige Tochter, die sich unwillig um sie kümmert und allabendlich einsam auf dem Sofa sitzt, und ein Hund, der schweigt. Zur beengten Häuslichkeit dieses in Hass und Gewohnheit ineinander verkeilten Trios gesellt sich ein junger Pfleger. Der kümmert sich liebend gern, vor allem, indem er allen das erzählt, was sie hören wollen. Bis der Hund, der auf niemanden hört, nicht mehr zu halten ist und über ihn herfällt. Nun sind sie wieder unter sich und tauschen herzzerreißende Gemeinheiten aus. Sehr komisch ist das, wenn es nicht so traurig wäre. Oder vielmehr traurig, wenn nicht so komisch.

Geschrieben in bester Tradition des abgründigen Volksstückes.

 

So hol’ mir halt die Decken! /

Besser? /

Schlimmer wird’s, einen jeden Tag.

Kalt ist mir vom Leben.

Was du deppert fragen kannst.

 

Magdalena Schrefel, geboren 1984 in Wien, studierte von 2008 bis 2011 Europäische Ethnologie/Volkskunde an der Universität Wien. Seit 2011 studiert sie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2012 fand im Rahmen des Sommertheaters am Centraltheater Leipzig die Lesung ihres Stücks WILD WET FANTASIES ODER: WENN LANA DEL REY KARL MAY TRÄFE statt. Sie ist seit 2013 Stipendiatin des ünstlerdorfs Schöppingen.

 

INGRID EX MACHINA

Juliane Stadelmann

 

Regie: Matthias Günther

Ausstattung: Mara Strikker

Mit: Anna Drexler, Peter Laib, Annette Paulmann, Nikolay Stefanov, Michael Tregor, Frederik Schmid, Nicolaas van Diepen

 

Ingrid ist Chefin der Sandelshausener Kerzenfabrik, ein alter Familienbetrieb aus Ostzeiten, den Ingrids Vater aufgebaut hat. Sie arbeitet die Aushilfen ein, erklärt das Prinzip von Kerzen sortieren, aussondern und einpacken. In Wahrheit haben sich die Zeiten allerdings längst geändert: Ingrids Vater ist tot und die Fabrik wird von Investoren aus dem Westen betrieben. Ingrid ist auch nicht die Chefin sondern Sabine Glaschenk, eine dynamische „blöde Kuh”. In der Kantine hocken wie eh und je der Hubwagenfahrer Ronny, Docht-Kowalsky und 4-Finger-Joe. Sie trinken Bier und essen die Schmalzstullen vom schnellen Hans, einem ehemaligen DDR Leistungssportler. Als der Syrer Dahab, der früher mit dem Rasiermesser das Wachs in der Fabrik abgekratzt hat, mit einer neuen Arbeitserlaubnis zurückkehrt, geht für Ingrid die Sonne auf. Allerdings drohen trübe Zeiten, die Fabrik soll abgewickelt werden. Da kommt es zu einem Zwischenfall.

 

Janz ruhig bleiben! Scheiße, scheiße, scheiße!

 

Juliane Stadelmann, geboren 1985 in Salzwedel/Sachsen-Anhalt, verbrachte 2002 ein Jahr in Brasilien und arbeitete nach dem Abitur als Surflehrerin in Frankreich und Hawaii. Von 2008 bis 2011 besuchte sie die Schauspielschule Charlottenburg in Berlin. Seit 2011 studiert sie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und ist Mitherausgeberin der „Tippgemeinschaft 2013”, der Jahresanthologie der Studierenden des Deutschen Literaturinstituts.

INGRID EX MACHINA wurde im Rahmen des Retzhofer Dramapreises (ausgeschrieben durch die UniT Graz) fertiggestellt.

 

Preisträger

 

2009: Laura Naumann SÜSSER VOGEL UNDSOWEITER, Anne Lepper SONST ALLES IST DRIN, Susanna Mewe AUF EIS

 

2011: Sarah Trilsch YOUNG REBEL, Olivia Wenzel JIGGY PORSCHE TAUCHT AB, Ivna Zic DIE VORLÄUFIGEN

 

Olivia Wenzels JJIGGY PORSCHE TAUCHT AB zeigten wir am 28. Februar 2013 zum letzten Mal!

 

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