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»NIEMAND HAT DIE ABSICHT EINE MAUER ZU ERRICHTEN« - Dreiwöchiges Kulturprogramm zum Augsburger Hohen Friedensfest begeht den Feiertag mit über 60 Veranstaltungen»NIEMAND HAT DIE ABSICHT EINE MAUER ZU ERRICHTEN« - Dreiwöchiges...»NIEMAND HAT DIE ABSICHT...

»NIEMAND HAT DIE ABSICHT EINE MAUER ZU ERRICHTEN« - Dreiwöchiges Kulturprogramm zum Augsburger Hohen Friedensfest begeht den Feiertag mit über 60 Veranstaltungen

vom 16. Juli bis 8. August 2015. -----

Das Augsburger Hohe Friedensfest ist ein weltweit einzigartiger kommunaler Feiertag. Das begleitende Kulturprogramm stellt sich aktuellen Fragen gesellschaftlicher Vielfalt. In diesem Jahr lädt es unter dem Titel "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten" zu Theater, Konzerten, Literatur, Street Art, Performances, Philosophie und Diskussionen zum Thema "Grenzen" ein.

Noch am 15. Juni 1961 beteuerte DDR-Staatschef Walter Ulbricht: "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten". Knapp zwei Monate später lagen die ersten Grenzsteine. Im Herbst 2015 feierten Millionen Menschen das 25-jährige Jubiläum des Mauerfalls – weiße aufsteigende Ballons entlang der Berliner Grenze symbolisierten das Ende des Ost-West-Konflikts. "Lichtgrenze" wurde Wort des Jahres. Gleichzeitig plant Kiew nach Berliner Vorbild eine Schutzmauer an der Grenze zu Russland. Während 1998 mit "Wir sind das Volk"-Rufen eine friedliche Revolution initiiert und Grenzen eingerissen wurden, taucht der gleiche Wortlaut heute unter anderen Vorzeichen wieder auf – um andere Grenzen zu manifestieren. Grenzen prägen unseren Alltag auf ambivalente Weise: einerseits helfen sie, Räume zu ordnen, andererseits konstruieren sie ein Innen und Außen, Zugehörigkeit und Ausschluss.

Geographische, politische, physisch-sichtbare Grenzen bestimmen das Verhältnis von Staaten. Unsichtbare – ethische, soziale, religiöse – Grenzen beeinflussen unser Zusammenleben, Denken und Fühlen. Aus Anlass des Jubiläums der Wiedervereinigung nimmt das Augsburger Friedensfestprogramm 2015 aktuelle Dynamiken von sichtbaren und unsichtbaren Grenzziehungen, Ein- und Ausgrenzung in pluralen Gesellschaften und die Bedeutung von Grenzen zur Sicherung des individuellen und politischen Friedens in den Blick.

Die Grenze als Experimentierraum

Grenzziehungen sind temporär, sie unterliegen gesellschaftlichen Veränderungen, verschieben sich. In dieser Dynamik liegt auch eine produktive Kraft: Vermag man die Grenze nicht als unverrückbare Trennlinie, sondern als variablen Raum – als sog. "Third Space" – zu betrachten, dann fungiert sie nicht länger als Behälter von Traditionen, sondern als ein nicht-kartierbarer Ort von Bewegungen, Begegnungen und Impulsen. Der Grenzraum wird zum Ort der Verhandlung von Identitäten. In diesem Sinn möchte das Friedensfest und das begleitende Rahmenprogramm einen begehbaren Grenz- und Experimentierraum eröffnen – in dem es nicht darum geht, fertige Antworten zu liefern, sondern Fragen aufkommen zu lassen: Welche Grenzen spielen in meinem Leben eine Rolle? Was geht mir zu weit? Wie viel Freiheit verträgt unsere Gesellschaft?

Grenzgänger*innen willkommen

Die Veranstaltungen der über 50 Kooperationspartner des Friedensfests betrachten das Thema "Grenzen" aus den verschiedensten Perspektiven – literarisch, politisch, musikalisch, spirituell, philosophisch, kontrovers. Die Besucher*innen sind eingeladen, ihren persönlichen Schutzraum zu verlassen, um mit Nachbar*innen, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen Grenzen gemeinsam neu auszuloten - in der Friedensstadt Augsburg, in der das konstruktive Aushandeln von Frieden zwischen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen historischer Auftrag und Appell ist.

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Auszug aus über 60 Veranstaltungen:

16/07 & 17/07: FRONTex SECURITY- Dokumentartheater von Hans-Werner Kroesinger

Gastspiel zur Eröffnung des Friedensfestprogramms. Jahr für Jahr branden tausende Flüchtlinge an die Mauern der »Festung Europa« – unser Schützengraben ist das Mittelmeer, die Wachposten stellt Frontex. Mit einer Fülle an präziser Information hinterfragt Hans-Werner Kroesinger, einer der wichtigsten Vertreter des zeitgenössischen Dokumentartheaters, das europäische Selbstverständnis. Am 31/07 stellt sich Klaus Rösler, Leiter der Abteilung »Einsatz« bei Frontex, den Fragen zum europäischen Grenzschutz.

18/07: COLOR CROSSERS - GRENZGÄNGER*INNEN WILLKOMMEN!

An der zukünftigen Asylunterkunft Spichererschule-Pfersee gestalten Streetartists ein großflächiges Wandbild. Nicht nur zum Tag der offenen Tür am 18. Juli sind Grenzgänger*innen hier willkommen!

19/07: geheime wOrte

Der beliebte Literatur-Parcours in Kooperation mit dem Literaturinstitut Leipzig führt entlang der Grenzen der Sprache und entlang der Augsburger Stadtmauer zu fünf jungen Autor*innen, u. a. Jagoda Marinic, Chamisso-Förderpreisträger 2015 Martin Kordic und Performancekünstler Sina Seifee aus Teheran.

21/07: IZOLYATSIA IN EXILE

Die ukrainische Kunstplattform Izolyatsia wurde von Vertretern der selbstproklamierten »Volksrepublik Donezk« geplündert. Installationen und eine Podiumsdiskussion reflektieren das Verhältnis von Kunst, Konflikt und Zensur.

AB 23/07 WELCOME IN DER FRIEDENSSTADT

Im Rahmen des interdisziplinären Artist-in-Residence-Projekts setzten sich serbische Künstler u. a. mit den Schlachtfeldern der Region auseinander. Ihre »Utopien des Friedens« sind in der Neuen Galerie im Höhmannhaus zu sehen.

24/07 GAZA MONOLOGE

Kinderaugen sehen Krieg: Nach der erneuten Militäroperation im Gaza-Streifen 2014 zeigt das Jugendtheater die bewegenden Geschichten von Kindern aus Gaza, die im palästinensischen Ashtar Theatre entstanden.

25/07: HEIMATLIEDER AUS DEUTSCHLAND FEAT. AUGSBURG - CD-Release & DJ-Set

Wald symbolisiert Heimat: die Augsburger und Berliner Heimatlieder-Allstars der Friedensfesteröffnung 2014 treffen sich am Parkhäusl im Augsburger Stadtwald wieder zur CD-Release-Party mit Elektro-Legende Gudrun Gut. Vorgeschmack: soundcloud.com/girisha-fernando/heimatlieder-aus-deutschland-feat-augsburg-album-preview

26/07 - 08/08 GRANDHOTEL COSMOPOLIS PEACE CONFERENCE

Ein offener Gestaltungsprozess für alle, mit vielerlei Möglichkeiten zur Teilnahme. Gemeinsam mit Expert*innen aus aller Welt wird das C* gestaltet – ein Camp auf der Wiese Zwischen Provino Club und Textilmuseum. Das C* versteht die Stadt als Labor, ist Lernort und Spielwiese, Bühne und Werkstatt. Infos und Termine gibt es tagesaktuell: www.grandhotel-cosmopolis.org/de/peaceconference

31/07 & 01/08 FESTIVAL DER KULTUREN

Mit hochkarätiger Weltmusik lockt das Festival der Kulturen wieder in den Annahof. Internationale Künstler*innen, eine Familienarea, lokale Acts und Vereine kreieren ein einzigartiges Flair.

03/08: ARMENIA

100 Jahre nach dem kollektiven Trauma des Völkermords begibt sich Filmemacher Marc A. Littler gemeinsam mit Alain Croubalian, Leader der legendären Band »Dead Brothers«, und Augsburger Assyrern auf eine archetypische Reise in die Vergangenheit.

06/08 & 07/08: ZAIDE. EINE FLUCHT

Nach der bundesweit erfolgreichen Produktion "Cosi fan tutte" erarbeitet Zuflucht Kultur e.V. zum Friedensfest W. A. Mozarts Oper "Zaide" neu - u. a. mit syrischen, nigerianischen und afghanischen Künstler*innen.

07/08: MITTERNACHTSKONZERT - THE SOUNDS OF GOD

Der indische Geiger Balu Raguraman, einer der wichtigsten Vertreter der karnatischen Musik, läutet Augsburgs einzigartigen Feiertag ein – gefolgt von tranceartigen Gesängen und entrückenden Rhythmen des Gnawa-Musikers Mehdi Nassouli aus Marokko.

08/08: Veranstaltungen am Augsburger Hohen Friedensfest

Am 8. August klingt das Friedensfestprogramm traditionell mit den ökumenischen Festgottesdiensten, der Augsburger Friedenstafel auf dem Rathausplatz, dem Kinderfriedensfest und abends mit dem Festkonzert in der St. Anna Kirche aus - in diesem Jahr u.a. mit Friedrich Wilhelm Grafs Oratorium "Die Sündfluth".

Hintergrund zum Augsburger Hohen Friedensfest

Das Augsburger Hohe Friedensfest am 8. August hat seinen Ursprung im Jahr 1650, als die Protestanten Augsburgs erstmals ihre im Augsburger Religionsfrieden (1555) formulierte und im Westfälischen Frieden (1648) schließlich errungene Gleichberechtigung mit der Römisch-Katholischen Kirche feierten. Die Herausforderungen, die sich damals mit der friedlichen Koexistenz der beiden christlichen Konfessionen verbanden, liegen für die Stadt Augsburg heute in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Vielfalt, ihren kulturellen und religiösen Prozessen und Dynamiken sowie den relevanten gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit. Anlässlich des Augsburger Hohen Friedensfest konzipiert das kommunale Friedensbüro im Kulturamt der Stadt Augsburg in enger Zusammenarbeit mit einem Netzwerk aus Partnern, Künstlern und Kreativen sowie den Augsburger Religionsgemeinschaften ein mehrwöchiges Veranstaltungsprogramm.

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