Und so ist Orpheus auch zunächst erleichtert, als Eurydikes Geliebter, der sich als Unterwelt-Gott Pluto entpuppt, sie zu sich in den Hades entführt. Erst als die Öffentliche Meinung mit der Drohung einschreitet, Orpheus‘ Ruf zu ruinieren, erklärt er sich zähneknirschend dazu bereit, Eurydike aus dem Hades zurückzuholen.
Regisseur Armin Petras über Orpheus in der Unterwelt:
„So wie Jacques Offenbach sich in seinem Orpheus an die Potenziale der antiken Mensch-Götter-Beziehung erinnert und das im Hades beziehungsweise Olymp versammelte Personal für eine satirische Gesellschaftsstudie über das Paris des mittleren 19. Jahrhunderts wiederbelebt, bringt es Fernando Pessoa einige Jahre später in seinem Buch Die Rückkehr der Götter auf den Punkt: Die Götter sind nicht gestorben: Unsere Vision von ihnen ist gestorben. Wir sehen sie nicht mehr. Aber die Götter bestehen fort, sie leben, wie sie gelebt haben, mit derselben Göttlichkeit. Ihre Gegenwart vereinfacht und verschönert.
Die Wiederauferstehung der vielgestaltigen antiken Götterwelt stellt, und davon berichten Offenbach wie Pessoa, die übermächtigen christlichen Moralstandards in Frage. Wenn richtig und falsch sich aber nicht mehr ohne weiteres auseinanderhalten lassen, entstehen erste Zweifel am Status quo. Und auch die Öffentliche Meinung gerät in Konfusion. Lag zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon etwas davon in der Luft, was sich nur wenig mehr als zehn Jahre nach der Uraufführung von Orpheus in der Unterwelt in Frankreich ereignen sollte und als ,La Commune‘ in die Geschichtsbücher eingegangen ist? Inmitten der von der Arbeiterschaft initiierten Kurzrevolution von 1871, die wie selten zuvor konkrete Ideen einer demokratisch-sozialen Gesellschaftsordnung mit sich führte, traten auch einige äußerst selbstbewusste Frauen hervor, die sich dem Bürgertum entgegenstellten.
Als eine mit diesen Persönlichkeiten verwandte Figur stelle ich mir Eurydike vor. Aus dem Proletariat stammend, durchschreitet sie nach eigener Wahl die verschiedenen Möglichkeiten sozialer Positionierung. Und dies sehr radikal, weil ihr Weg immer aufs Neue der Weg einer Liebenden ist: Auf diese Weise verbindet Eurydike sich mit dem opportunistischen Bildungsbürger Orpheus, dem widersprüchlichen Untergrundchef Pluto und dem herrschenden Tyrannen Jupiter, um schließlich in der Unterwelt, die sie als ihre Heimat erkennt, erneut Wurzeln zu schlagen. Von dort aus ersinnt sie eine Revolution, die ganz andere Auswirkungen haben soll als jene, die kurze Zeit zuvor im Olymp von ein paar gelangweilten Göttern gegen Jupiter geführt wurde und innerhalb weniger Minuten ergebnislos verpuffte.“
Musikalische Leitung Sylvain Cambreling / Hans Christoph Bünger (20.|23.|31.01.2017)
Regie Armin Petras
Bühne Susanne Schuboth
Kostüme Dinah Ehm
Video Rebecca Riedel
Licht Reinhard Traub
Chor Christoph Heil
Dramaturgie Malte Ubenauf
Orpheus Daniel Kluge
Eurydike Josefin Feiler
Die öffentliche Meinung Iris Vermillion / Stine Marie Fischer (17.|21.|29.12.2016 |31.01.2017)
Pluto André Morsch
Styx André Jung
Jupiter Michael Ebbecke
Juno Maria Theresa Ullrich
Venus Esther Dierkes
Diana Catriona Smith
Bacchus Max Simonischek
Merkur Heinz Göhrig
Cupido Yuko Kakuta
Staatsopernchor Stuttgart
Staatsorchester Stuttgart
Weitere Vorstellungen: 09.| 15. | 17. | 21. | 29. Dezember 2016 02. | 07. | 20. | 23. | 31. Januar 2017
Begleitveranstaltungen zu Orpheus in der Unterwelt
Öffentliche Probe
Samstag, 12.11.2016, 9.45 – 11.30 Uhr, Opernhaus
Regisseur Armin Petras gibt Einblicke in die Probenarbeit.
Einführungsmatinee
Sonntag, 27. November 2016, 11 Uhr im Opernhaus, Foyer I. Rang Das Produktionsteam gibt interessierten Opernbesuchern einen Einblick in die Konzeption der Neu-inszenierung.
Nach(t)gespräche Freitag, 09. Dezember 2016
Samstag, 07. Januar 2017
Das Produktionsteam beantwortet im Anschluss an die Vorstellung Fragen der Zuschauer.
Einführung vor jeder Vorstellung Eine Einführung findet jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Opernhaus, Foyer I. Rang, statt.
Karten
Karten über www.oper-stuttgart.de, Kartentelefon: 0711. 20 20 90, und an der Abendkasse
Weitere Informationen zur Neuproduktion unter www.oper-stuttgart.de/faust-gounod