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Österreichische Erstaufführung: „Die Mitwisser“, Eine Idiotie von Philipp Löhle - Schauspielhaus Graz

Premiere am Freitag, den 15. Februar um 20.00 Uhr, HAUS ZWEI

Eine der rasantesten Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ist die Digitalisierung vieler Lebensbereiche. Mit neuen Ästhetiken, Videotechnik, VR-Brillen oder auch dokumentarischem Material versucht das Theater, dieses uralte, zutiefst analoge Medium, das nach wie vor darauf baut, dass sich Menschen live begegnen, diese Prozesse sichtbar zu machen.

Ganz anders der Autor Philipp Löhle. In seinem charmanten Versuch, die Folgen der Digitalisierung zu zeigen, personalisiert er das Internet, das bei ihm Herr Kwant heißt: ein freundlicher Herr, hilfsbereit und zuverlässig. Herr Kwant kommt ins Haus, wenn man einen ellenlangen Vertrag unterzeichnet hat.

Das Kleingedruckte hat man natürlich nicht gelesen, aber Herr Kwant ist gratis und wirklich praktisch! Wenn man zum Beispiel etwas wissen will, zieht er immer das richtige Dokument aus seiner Aktentasche, beim Autofahren weist er vom Beifahrersitz aus den Weg und nachts sitzt er diskret im Schlafzimmer in der Ecke und überwacht die Vitalfunktionen. Auch als persönlicher Assistent bei der Arbeit macht er sich nützlich: Bald wird man befördert, weil man mit seiner Hilfe doppelt so viel schafft.

Bis man entlassen wird, weil Herr Kwant einfach effizienter ist. Und als Geschäftsmann und Liebhaber hat er irgendwie auch mehr drauf, sodass die Frau lieber mit Kwant ins Bett geht als mit einem selbst. Mehr und mehr fangt Kwant an zu nerven: Er mischt sich ein, weiß alles besser und verführt zur Anschaffung von Dingen, die man überhaupt nicht braucht. Und das ist erst der Anfang. Denn längst hat sich das System Kwant flachendeckend ausgebreitet und still und leise eine Diktatur im Rücken der Menschen errichtet.

Gewitzt und mit vorgeblicher Naivität zeigt Löhle in dieser zutiefst analogen Retro-„Idiotie“, wie Gewöhnung zu gefährlicher Abhängigkeit führt, wenn das Besondere durch ständige Verfügbarkeit erst einmal normal geworden ist. Eine alte Wahrheit, die mehr und mehr Menschen empfinden, wenn sie auf ihr Smartphone blicken …

Zur Regisseurin
Felicitas Braun schloss 2011 ihr Regiestudium am renommierten Max Reinhardt Seminar in Wien ab und arbeitete anschließend als Regieassistentin am Burgtheater Wien, wo sie 2013 „Die Reise nach Petuschki“ von Wenedikt Jerofejew inszenierte (eingeladen zum „kaltstart-festival“ Hamburg, nach Sibiu/Rumänien und zu den Internationalen Maifestspielen Wiesbaden). 2015 übernahm sie die Leitung in der Sparte „kaltstart-pro“ beim Hamburger „kaltstart-festival“. Seitdem inszenierte sie an den Staatstheatern Oldenburg, Karlsruhe und Wiesbaden sowie am Stadttheater Osnabrück. Ihre Inszenierung von Wolfram Lotz’ „Die lächerliche Finsternis“ am Staatstheater Wiesbaden wurde 2015 zum Festival „Premières“ eingeladen. Seit 2018 produziert sie außerdem Hörspiele sowie eine monatliche Radiosendung auf Orange 94.0.

Regie Felicitas Braun
Bühne Timo Kriegstein
Kostüme Aleksandra Kica
Video Moritz Grewenig
Dramaturgie Jennifer Weiss

Mit Henriette Blumenau, Mikhail Gusev, Fredrik Jan Hofmann, Sarah Sophia Meyer, Clemens Maria Riegler, Hanh Mai Thi Tran und Leontine Vaterodt Hanh Mai Thi Tran

Weitere Vorstellung am 25. Februar um 20.00 Uhr, HAUS ZWEI, sowie weitere Termine im März.

Tickets
T 0316 8000, F 0316 8008-1565, E tickets@ticketzentrum.at
I www.schauspielhaus-graz.com

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