Sparzwang und Kapitalanhäufung sind nicht nur Themen von Molières Kapitalisten des 17. Jahrhunderts, sondern der Umgang mit Geld bestimmt auch die „Grundregeln der Existenz im postutopischen Zeitalter“. PeterLichts Geiziger ist ein Stück über Geld und Generationen: Die Alten haben das Geld und die Jungen wollen es haben, endlich den Lohn der Arbeit (anderer) einkassieren.
Harpagons Kinder folgen einzig der Maxime „Erwachsensein im Kapitalismus heißt, einkaufen zu gehen“ und ignorieren den Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Geld offenbart sich anhand von Cléante und Elise einmal mehr als ? wie Karl Marx es nannte - „chemische Kraft der Gesellschaft“, als „allmächtiges Wesen“, das unsere Beziehung zur Welt und zu unseren Mitmenschen regiert und Basis eines Systems ist, das nur eine Regel kennt: „Das Zeug muss fließen, das muss morphen.“ Geld ist nicht nur Maßeinheit, Zahlungsmittel, Objekt der Begierde, sondern die Vollendung der Warenform, es ist das „wahre Gemeinwesen“, „das Band aller Bande“. Doch was passiert, wenn jemand dieses Band durchtrennt und ein System, das auf Maßlosigkeit und Unmäßigkeit basiert, mit der Askese des Geizes konfrontiert?
Ich frage mich, welche Rolle Geld in meinen persönlichen Beziehungen spielt und stelle fest: Überall hat es seine Finger im Spiel, das Geld, selbst in der Liebe und in der Freundschaft und erst recht in der Familie. PeterLicht verhandelt diese Mechanismen von zwischenmenschlicher Abhängigkeit und Fürsorge am Familientisch, wo der reiche Vater auf die geldhungrige junge Brut trifft. Und während bei Molière der Alte der alleinige Buhmann ist und systematisch der Lächerlichkeit preisgegeben wird, kriegen hier auch die Jungen ihr Fett weg. Denn die Inkarnation des Kapitalismus ist in dieser Komödien-Überschreibung eben nicht der auf seinem Geld sitzende Vater, sondern die konsumgeilen Kinder, die sich selbst ausschließlich übers Kaufen definieren. Der Vater treibt sie in den Wahnsinn, indem er sich dem Zwang zur ununterbrochenen Zirkulation des Kapitals entzieht. Er möchte dabei nicht mitmachen. Er möchte sein Geld nicht eintauschen gegen Dinge und Dienstleistungen, er möchte es in seiner Reinheit als bloße Option, als Versprechen belassen. Geiz als Gegenmodell. Geiz als der Sand im Getriebe. Geiz als Widerstand. Und der Geizige als Antiheld einer Zeit, in der das Leben stillzustehen scheint, wenn der Geldfluss unterbrochen wird. (Bastian Kraft)
Regie Bastian Kraft
Bühne Peter Baur
Kostüm Dagmar Bald
Mit
Vincent Glander
Veronika Glatzner
Katja Jung
Max Mayer
Johannes Zeiler
weitere Termine:
Fr, 24. Februar 2012
Mi, 29. Februar 2012
Do, 01. März 2012
Fr, 02. März 2012
Di, 27. März 2012
Mi, 28. März 2012