Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Österreichische Erstaufführung: "Schwarze Jungfrauen" in WienÖsterreichische Erstaufführung: "Schwarze Jungfrauen" in WienÖsterreichische...

Österreichische Erstaufführung: "Schwarze Jungfrauen" in Wien

von Feridun Zaimoglu, Günther Senkel,

Premiere Premiere am 22. September 2007,Burgtheater, Kasino am Schwarzenbergplatz

Das ist beunruhigend, verstörend und provokant. Es ist aber auch befreiend. Das Schweigen ist gebrochen, es kommt ein Selbstbewusstsein zum Ausdruck, das nicht frei ist von Dummheit, Borniertheit und Stolz auf die falschen Dinge - das aber auch Reaktionen hervorruft, die im besten Falle der Beginn eines Dialoges sein könnten.

 

"Allah ist mein Herrscher, der Prophet mein Menschenkönig, im Koran find ich die Verfassung und im Heiligen Krieg die schöne Unterweisung. Damit hab ich mich ausgewiesen für Ost und West, damit hab ich mich als das Stück Dreck erwiesen, für das die Westler mich immer hielten. Ist Gott so fern von ihnen?"

 

Unter dem Titel "Kanak Sprak" hat Feridun Zaimoglu 1995 seinen ersten Band mit Interviews veröffentlicht und damit der "zweiten Generation", den Kindern der Migranten, eine, seine Sprache verliehen. Jetzt ist er, nach dem Gewinn des Jury-Preises beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2003, der Veröffentlichung des Romans "Leyla", nach vielen Wortmeldungen in aktuellen politischen Debatten und der flächendeckenden Installation türkischer Fahnen am Museumsquartier unter dem Titel "KanakAttack. Die dritte Türkenbelagerung?", mit der er den Wienern vor zwei Jahren einen heiligen Schrecken einjagte, für einen Theatertext wieder zu seinem ursprünglichen Verfahren zurückgekehrt und leiht seine Stimme gläubigen Muslimas. Und das nicht nur im literarischen Sinne: vor kurzem stellte Zaimoglu seinen Sitz im Islamrat des deutschen Innenministeriums einer gläubigen Muslima zur Verfügung, da diese Bevölkerungsgruppe dort bisher keinen Platz gefunden hatte.

 

Feridun Zaimoglu verdichtet Interviews mit jungen deutschen Muslimas zu zehn Monologen, in denen sich Alltagserfahrungen, innere Glaubenskriege und Garderobefragen zu einem vielfach gebrochenen Bild muslimischen Lebens in unseren Breiten fügen. Zwischen bauchfrei und vollverschleiert, zwischen traditioneller Frauenrolle und westlichem Lebensstil, zwischen Glaubensgewissheit und Identitätssuche versagen alle gesicherten Zuordnungen, mit denen man gemeinhin zwischen "Islam" und "Daham" unterscheiden zu können glaubt.

 

Regie: Lars-Ole Walburg

Ausstattung: Nina Wetzel

Musik: Tomek Kolczynski

Gitarre/Oud: Gilbert Trefzger

Video: Sebastien Dupouey

Dramaturgie: Sebastian Huber

 

mit Sachiko Hara

 

mit Dorothee Hartinger

Pauline Knof

Adina Vetter

Michael Masula

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 11 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑