Der Fähnrich Jago macht seinem General Othello etwas vor. Er simuliert den treuen und ergebenen Diener, der er nicht ist. So gewinnt er Othellos Vertrauen und Macht über dessen Wahrnehmungsvermögen, kurz: Er besetzt Othellos Kopf. Mit zerstörerischer Wucht zersprengt Jago die wichtigsten Koordinaten von Othellos Weltbild: Er macht ihm zunächst den besten Freund Leutnant Michael Cassio verdächtig. Ganz beiläufig streut er das Gift des Misstrauens aus. Wie ein Brandherd ergreift es von Othello Besitz und macht es Jago leicht, dessen geliebter Frau Desdemona eine Affäre mit Cassio zu unterstellen. Trotz ihrer Unschuldsbeteuerungen wird sie von Othello ermordet. Zwischen Sein und Schein vermag er nicht mehr zu unterscheiden. „Hier steht, der einst Othello war: hier bin ich“, stellt er am Ende des Stücks fest, als er vor den Trümmern seines genarrten Ichs steht und nur mehr dessen Verlust registrieren kann. Ein Zwiespalt, der nicht auszuhalten ist: Die tragische Selbstentleibung Othellos ist die Konsequenz daraus.
Fremd sein und Fremd werden ist in „Othello, Venedigs Neger“ nicht allein das Thema der kulturellen Differenz. Shakespeare richtet das Augenmerk vielmehr auf den Prozess des Fremdwerdens im Eigenen: Othello ist eine Tragödie der Assimilation
Inszenierung: Stephan Rottkamp
Bühne: Robert Schweer
Kostüme: Ulrike Schulze
Dramaturgie: Christoph Lepschy
Mit: Michael Abendroth, Jean-Luc Bubert, Michele Cuciuffo, Daniel Graf, Patrick Heyn, Felix Klare, Winfried Küppers, Kathleen Morgeneyer, Doreen Nixdorf
Zum Regisseur
Stephan Rottkamp, Jahrgang 1971, inszenierte u.a. am Burgtheater Wien, an den Münchner Kammerspielen, am Thalia Theater Hamburg, am Theater Freiburg, am Schauspielhaus Bochum und am Staatstheater Stuttgart. Ab der Spielzeit 2006/07 ist er als Regisseur und Mitglied der Künstlerischen Leitung am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig.