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"Peter Grimes" von Benjamin Britten in der Semperoper Dresden

Premiere am 9. Februar 2007, 19:00 h.

Die Dorfbewohner gehen auf die Suche nach ihm. Sie finden Grimes am Strand, in desolatem Zustand. Kapitän Balstrode rät ihm, hinaus aufs Meer zu fahren und nie mehr zurückzukehren. Am nächsten Morgen trifft die Nachricht ein, ein Schiff sei auf dem Meer gesunken.

 

Wie entsteht soziale Gewalt? Beginnt sie in den Köpfen derjenigen, die versäumen zu helfen? Ist Grimes` Lebensentwurf, der Akzeptanz und Respekt und nicht Mitgefühl fordert, latent aggressiv?
Peter Grimes kämpft um Anerkennung. In dem Dorf, in dem er lebt, gilt er als Einzelgänger – weil er keine Familie hat, weil er nicht freundlich zu den Mitbewohnern ist, weil er seinen Lehrling auf dem Gewissen hat. Der ist auf Grimes‘ Schiff verdurstet, als der auf der langen Fahrt mit seinem Boot zum Markt nach London in ein Unwetter kam. Die Oper beginnt mit einer Gerichtsverhandlung, in der Grimes juristisch von der Schuld freigesprochen wird. Aber die Schuld am Tod des Jungen haftet dennoch an ihm. Grimes wird nun erst recht von den Dorfbewohnern gemieden. Die Einzige, die zu ihm hält, ist Ellen. Sie will Grimes heiraten. Der sträubt sich. Zuvor will er so, wie er ist, Anerkennung finden. Peter Grimes glaubt, wenn er reich wäre, wenn er sich ein größeres Haus kaufen könnte, wenn er einen eigenen Laden hätte, in dem er seinen
Fisch verkaufen kann, dann würden seine Mitmenschen ihn akzeptieren. Erst dann wäre er auch bereit, Ellen zu heiraten.
Um sein Ziel zu erreichen, stürzt sich Peter Grimes in die Arbeit. Selbst bei Unwetter, auch am Sonntag fährt er hinaus aufs Meer, um zu fischen. Die Arbeit schafft er nur mit einem Gehilfen. Der Richter schlägt ihm vor, eine ausgebildete Arbeitskraft zu beschäftigen. Doch Arbeitskräfte sind teuer. Ein Junge, den Grimes aus einem nahe gelegenen Waisenhaus rekrutiert, scheint für die Arbeit ebenso gut geeignet. Ellen beschafft nach dem Tod des ersten Jungen einen zweiten namens John. Bei den Vorbereitungen zur nächsten Ausfahrt stürzt John von einer Klippe. Mit seinem Tod werden Grimes’ Pläne, Anerkennung zu finden, endgültig zerschlagen. Peter Grimes zieht sich von den Menschen zurück.

Mit «Peter Grimes» meldete sich die englische Oper nach 250 Jahren Pause in der europäischen Musikgeschichte zurück. Benjamin Britten wurde für dieses Meisterwerk als der «neue Purcell» gefeiert. Brittens Ziel war es, «Glanz, Freiheit und Lebendigkeit der englischen Musik zu erneuern, die seit Purcells Tod verloren waren», erklärte er in einer Werkeinführung zur Uraufführung 1945. Zwei Jahre später folgten Erstaufführungen in Hamburg, an der Mailänder Scala und am Opera House Covent Garden in London. Der Rezensent Hans Heinz Stuckenschmidt schrieb über die Hamburger Aufführung: «Filmisch wie das Libretto ist auch Brittens Musik in der Prägnanz des Ausdrucks, im Illustrativen ihres Charakters und in der Knappheit ihrer oft bis zum Embryonalen verkürzten Form. Verblüffend und fesselnd in der Wahl der Klangfarben, asketisch und raffiniert zugleich, hält sie in jedem Takt das Interesse des Hörers wach. Mit einem Orchester, das Orgel, Celesta, Tuba und reiches Schlagwerk zur normalen Besetzung fügt, werden Klänge von unerhörter Plastik gewonnen, stechende, messerscharfe Bläserakzente, Töne des tiefen Flötenregisters,
Harfenterzen, die im Ohr bleiben.»


Mit der Inszenierung von «Peter Grimes» in Dresden wird das Repertoire um ein faszinierendes, bewegendes und kontroverses Werk des 20. Jahrhunderts reicher. Kann man sich Liebe verdienen? Oder wenigstens Respekt?

 
Musikalische Leitung
Ivor Bolton
Inszenierung
Sebastian Baumgarten
Bühnenbild
Hartmut Meyer
Kostüme
Ellen Hofmann
Video
Chris Kondek
Licht
Jan Seeger
Chor
Matthias Brauer
Dramaturgie
Hans-Georg Wegner
Peter Grimes
Stephen Gould
Ellen Orford
Soile Isokoski
Captain Balstrode
Jan-Hendrik Rootering
Wirtin Auntie
Christa Mayer
Nichte 1
Ute Selbig (9./ 12./ 16. Feb., Juli)
Roxana Incontrera (18./ 21./ 24. Feb.)
Nichte 2
Sabine Brohm
Bob Boles
Tom Martinsen
Swallow
Michael Eder (9./ 12./ 16./ 18. Feb.)
Matthias Henneberg (21./ 24. Feb., Juli)
Mrs. Sedley
Barbara Hoene (9./ 12./ 16.Feb., Juli)
Andrea Ihle (18. Februar),
Sofi Lorentzen (21./ 24. Feb.)
Pastor Adams
Oliver Ringelhahn (9./ 12./ 16. Feb.)
Timothy Oliver (18./ 21./ 24. Feb., Juli)
Ned Keene
Christoph Pohl (9./ 12./ 16./ 18. Feb., Juli), 
Sangmin Lee (21./ 24. Feb.)
Hobson

Jürgen Commichau (9./ 12./ 16./ 18. Feb.),
Rainer Büsching (21./ 24. Feb., Juli)

 
Staatsopernchor
Sächsische Staatskapelle Dresden

 
Der international bekannte Videokünstler Chris Kondek ist zu Gast an der Dresdner Semperoper. Im Team von Sebastian Baumgarten, den Deutschlands führende Opernkritiker unlängst im Fachblatt "Opernwelt" zum Regisseur des Jahres kürten, erstellt Kondek eine Videoinstallation für die Bühne von "Peter Grimes". Das Hauptwerk des britischen Komponisten Benjamin Britten feiert am 9. Februar Premiere.

Der 1962 in Boston geborene Amerikaner Chris Kondek arbeitete mit großen Namen wie Laurie Anderson, Michael Nyman oder Robert Wilson zusammen. Das langjährige Mitglied der legendären Wooster Group in New York leistete einen entscheidenden Beitrag dazu, dass der Einsatz von Video in Inszenierungen und Choreografien mittlerweile selbstverständlich ist. Video rückte so neben Licht, Architektur und Malerei zu einem gleichrangigen Element der Bühnenbildnerei auf.

2003 schuf er mit «Dead Cat Bounce» seine erste eigene Produktion, die u.a. in Berlin, München, Frankfurt, Hamburg und Leuven zu sehen war und beim 6. Festival "Politik im Freien Theater" einen Preis des ZDFtheaterkanals erhielt.

In der letzten Spielzeit war Kondek mit seinen Videos maßgeblich an der "Bakchen"- Inszenierung von Jossi Wieler beteiligt. "Peter Grimes" an der Semperoper erhält durch die Kondek-Videoprojektionen eine dokumentarische Schärfe, die Baumgartens Regiekonzept eine bedrückende Aktualität verleiht.

 

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