Dieses Geflecht aus Politik, Tod und Liebe, in das es den aus Deutschland angereisten Journalisten Ka verschlagen hat, der eine Serie von Selbstmorden junger Mädchen aufklären soll, während die Kleinstadt Kars in einem scheinbar endlosen Schneesturm versinkt? Vor diesen Fragen stehen die Regisseurin Christina Friedrich und ihr Team bei der Arbeit an der Schweizer Erstaufführung von «Schnee», einem Schauspiel nach dem Roman von Orhan Pamuk. Friedrich adaptierte sehr erfolgreich Kino- und Romanstoffe für die Bühne: «Fight Club» und Charlotte Roches «Feuchtgebiete» gehören zu den
bekanntesten.
Mit diesen undramatischen Stoffen versucht die Regisseurin der immer komplexer werdenden Welt andere Medien als eigens für die Bühne geschriebene Texte entgegenzuhalten. Christina Friedrich geht es bei der Arbeit an «Schnee» nicht darum, das Buch auf der Bühne nachzuerzählen. Vielmehr will sie das Atmosphärische des Textes darstellen: «Gerade dieser Roman bietet uns die Möglichkeit, ganz physisch in den Stoff hineinzutreten, zu versuchen, auf diese unpsychologisierende Art den gepeinigten, den gedemütigten, religiösen, revolutionären, den verlassenen Körper zu finden, die versammelte Gesellschaft in der Schneelandschaft physisch auszuloten, wie ein Faden mit dem Senkblei in die Tiefen zu fühlen.»
Dem entspricht auch ihr Vorgehen während der Probenarbeit. Im eigenen Körper ortet die Regisseurin einen poetischen Zugang zur Welt, der Körper vermag mehr auszudrücken als die Sprache. So lässt Friedrich die Schauspielerinnen und Schauspieler mit Bewegung experimentieren und improvisieren. Der Körper der Darstellerinnen und Darsteller selbst wird zum Bedeutungsträger für den erarbeiteten Inhalt, der Text schreibt sich regelrecht in den Körper
ein.
Dem Ausloten des Atmosphärischen entspricht auch der Einsatz von Musik und Ton im Stück. Geräusche, die der Musiker Jacob Suske auf einer Recherchereise gemeinsam mit der Regisseurin gesammelt hat, werden mit elektronischer Musik gesampelt und bilden eine Tonebene. Nils Urban
Östland hat dazu Choräle komponiert, die von den Schauspielerinnen und Schauspielern immer wieder live gesungen werden. Wie eine weisse Schneelandschaft breitet sich so ein Soundteppich aus elektronischen Geräuschen und Chorälen aus, auf dem das Stück spielt.
Die Rolle des Ka konnte mit dem Schauspieler Erdan Ylıdız besetzt werden, der in Tunceli, einer Stadt in der Türkei, geboren wurde. Ylıdız arbeitet in erster Linie als Filmschauspieler und ist aus diversen deutschen Filmproduktionen bekannt (u.a. «Lola und Bilidikid» von Kutlug Ataman, «Freunde» von Martin Eigler, «Barfuss» von Til Schweiger).
MIT: Samia von Arx, Wiebke Kayser, Jörg Dathe, Manuel Kühne, Christoph Künzler, Erdal Yıldız, Samuel Zumbühl
PRODUKTIONSTEAM: Christina Friedrich (Inszenierung),
Petra Maria Wirth (Bühne),
Susanne Uhl (Kostüme),
Jacob Suske (Musik),
Nils Urban Östlund (Chor),
Ulf Frötzschner (Dramaturgie)