Sehr schnell bekommt er die physisch und psychisch manipulativen Mechanismen von Überwachen und Strafen zu spüren. Doch der notorische Rebell McMurphy denkt gar nicht daran, sich irgendwelchen rigiden Verhaltensregeln zu beugen, geschweige denn sich ruhig stellen zu lassen. Ganz im Gegenteil, er ernennt sich kurzerhand zum „Oberirren“ und schafft es mit Witz, Charme und Vehemenz, die eingeschüchterten Insassen zum Widerstand gegen den menschenunwürdigen Anstaltstrott zu bewegen. Selbst den angeblich taubstummen Indianer Häuptling Bromden bringt er auf seine Seite und zum Sprechen. Und so werden die therapeutischen Gruppensitzungen zum Machtkampf zwischen Bewachern und Bewachten.
„Einer flog über das Kuckucksnest“ – 1963 am Broadway in New York uraufgeführt – basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ken Kesey. Er thematisiert auf eindringliche Art und Weise das Verhältnis einer Gesellschaft zu Außenseitern, Ausrangierten und Träumern. Das vermeintlich humanistische Anliegen, sogenannte „Verrückte“ zu gesellschaftlichem Wohlverhalten zu konditionieren, entlarvt sich dabei als perfides Machtspiel.
Ken Kesey wurde 1959 zu seinem Roman inspiriert, als er in der psychiatrischen Abteilung des Veteranenhospitals im kalifornischen Menlo Park als Aushilfe arbeitete. Genau dieses Hospital diente auch als Originalschauplatz für den Oscar-prämierten Film von Miloš Forman mit Jack Nicholson in der Rolle des Randle P. McMurphy.
Neben der gesellschaftlichen Betrachtung, vermeintlich „Verrückte“ den sogenannten „Normalen“ gegenüberzustellen, legt Carsten Knödler in seiner Inszenierung einen besonderen Fokus auf die Erarbeitung individueller Dispositionen, die handlungsleitend sind. Jeder, ob Insasse, Pfleger, Krankenschwester oder Arzt, bringt persönliche Erfahrungswerte mit, die mitunter einen dominierenden Charakter einnehmen, und so verselbständigen sich Verhaltensweisen und Behandlungsmethoden. Gleichermaßen bestimmen sie, jenseits eines sachlich-klinischen Alltags, die Dynamik des Gruppengefüges und führen dazu, dass einiges aus dem Ruder läuft.
Carsten Knödler (Regie) ist seit dieser Spielzeit Schauspieldirektor an den Theatern Chemnitz. Er absolvierte zunächst ein Chemiestudium, bevor er an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig Schauspiel studierte. Von 1995 - 2003 war er als Schauspieler und Regisseur am Schauspiel Chemnitz engagiert. Hier inszenierte er u. a. „Effi Briest“, „Hexenjagd“, „Die verzauberten Brüder“ „Süßer Vogel Jugend“ sowie 2013 „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ und „Hedda Gabler“. Ab 2003 arbeitete Carsten Knödler freiberuflich als Regisseur an einer Vielzahl von Theatern in ganz Deutschland, so am Staatsschauspiel Schwerin, am Pfalztheater in Kaiserslautern, in Gera, Greifswald, Rudolstadt, Heilbronn, Neustrelitz, in Leipzig und am Staatsschauspiel Dresden. Von 2009 - 2013 war er Schauspielintendant des Gerhart Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau.
Regie: Carsten Knödler
Bühne: Frank Heublein
Kostüme: Ricarda Knödler
mit: Ulrich Lenk (Häuptling Bromden), Marko Bullack (Dale Harding), Fabian Jung (Billy Bibbit), Christian Ruth (Scanion), Philipp von Schön-Angerer (Chewswick), Stefan Migge (Martini), Gregor Kuhn (Ruckly / Musiker), Philipp Otto (Randle P. McMurphy), Martin Valdeig (Pfleger Warren), Felician Hohnloser (Pfleger Williams), Maria Schubert (Schwester Ratched), Wolfgang Adam (Dr. Spivey), Kristin Steffen (Schwester Flynn), Stefan Schweniger (Pfleger Turkie), Magda Decker (Candy Starr), Bianca Kriel (Sandra), Steffan Claußner (Winston / Musiker)