Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM von Werner Schwab, Schauspiel StuttgartÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM von Werner Schwab, Schauspiel StuttgartÜBERGEWICHT, unwichtig:...

ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM von Werner Schwab, Schauspiel Stuttgart

Ein europäisches Abendmahl

Premiere: Freitag, 16. Januar 2009, 20.00 Uhr, Depot

 

Seine Stücke überdauern ihn, den Frühverstorbenen: Werner Schwab, der in diesem Jahr fünfzig geworden wäre.

Sohn einer Hausmeisterin und eines vorüberziehenden Maurers, in ärmlichen Verhältnissen in Graz aufgewachsen, Kunststudent in Wien, Autor, Holzfäller, machte er seit der Uraufführung von "Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos" eine Blitzkarriere am Theater - und starb ebenso plötzlich, 1994, in der Silvesternacht.

 

Der Autor ging gern in Kneipen, und er hörte dem dort versammelten Volk hellhörig aufs Maul. Zugleich überhöhte er dessen Sprache ins Künstliche, verklausuliert Verschraubte, erfand Wörter, verdrehte Redewendungen. Schwabs Wortkaskaden wurden sein Markenzeichen. Alles dies lässt sich mustergültig beobachten an seinem 1991 uraufgeführten europäischen Abendmahl "ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM".

 

In einer schäbigen Wirtschaft hocken jeden Abend dieselben Gestalten: der ewig idealistische Pädagoge Jürgen, der heimlich mit der Wirtin schläft, der brutale Schläger Karli und die geschlagene Schönheit Herta, der reaktionäre Schweindi mit pädophilen Neigungen und sein Weib Hasi, zwei Muster der Rechtschaffenheit. Dazwischen verdient sich die einfältige Fotzi durch Herzeigen ihres Unterleibs Kleingeld für die Musicbox. Sie philosophieren immer wieder aufs neue über die Wurst und das Brot und das Leben an sich, als ein ungewohnter Anblick ihre Aufmerksamkeit fesselt: ein aufreizend schönes Paar, welches das speckige Ambiente und sie alle inklusive als extravagante Abwechslung von ihrer coolen Normalumgebung goutiert. Der Appetit ist allerdings auch bei der Kneipengemeinschaft geweckt, und es endet mit einer kannibalischen Orgie.

 

Regie: Stephan Rottkamp, Bühne: Robert Schweer, Kostüme: Kirsten Dephoff. Musik: Cornelius Borgolte, Dramaturgie: Kekke Schmidt

 

Mit: Anja Brünglinghaus (Fotzi), Susana Fernandes Genebra (Wirtin), Benjamin Grüter (Das schöne Paar), Martin Leutgeb (Schweindi), Florian von Manteuffel (Jürgen), Marietta Meguid (Hasi), Claudia Renner (Herta), Sebastian Schwab (Karli), Lisa Wildmann (Das schöne Paar)

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 10 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑